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Torsten von den Beatsteaks im Interview: „Ich finde die Leute könnten auch ein bisschen mehr Angst vor Beatsteaks-Konzerten haben“

Bild: Helena Düll

Wer ist der beste Headliner für den 20. Geburtstag eines Festivals? Richtig die Beatsteaks. Zum einen feiern sie selbst in diesem Jahr ihr 20-Jähriges Bandbestehen, zum anderen kennen sie das Taubertal-Festival so gut wie kaum eine andere Band. Ich habe mich mit Torsten (Bass) vor dem Konzert getroffen. Wir sprachen über die Anfänge der Band und des Festivals, über Helene Fischer und darüber, dass die Fans mehr Angst vor Beatsteaks-Konzerten haben sollten.

Testspiel.de: In diesem Jahr feiern wir 20 Jahre Taubertal-Festival. Ihr seid hier Stammgäste. Erinnerst du dich noch an die Anfänge des Festivals?

Torsten: Ich erinnere mich sogar richtig gut daran. Wir haben mal irgendwann, ziemlich in den Anfängen vor In Extremo gespielt. Bei dem Auftritt war es noch nicht dunkel, so wie das jetzt immer bei unseren Auftritten ist, sondern es hat gerade so gedämmert. Das war ein ganz tolles Konzert. Da war man relativ früh fertig mit der Arbeit, konnte relativ früh mit Biertrinken anfangen und ich weiß noch, dass ich dann hinten im Backstage mein Sido oder Aggro Berlin T-Shirt, was ich damals ganz neu hatte und wofür mich alle immer gehasst haben anhatte. Thees Uhlmann fand das Shirt so toll, dass er mir das abgeschwatzt hat, ich hab es ihm dann geschenkt. Weil ich dann kein Shirt mehr hatte bin ich oberkörperfrei und mit einer Pulle Whiskey in der Hand übers Festival gelaufen. Das waren für mich so die Anfänge des Festivals. Wir haben das auch damals schon ernst genommen, aber da konnten wir so einen Quatsch noch machen.

Testspiel.de: Uns geht es nun nicht nur ums Taubertal-Festival, sondern auch um euren Geburtstag. Ebenso lange wie das Festival gibt es nämlich auch euch als Band. Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle zu 20 Jahren Beatsteaks!

Torsten: Vielen Dank! Das ist aber nett, dass du daran gedacht hast!

Testspiel.de: Zum Geburtstag gab“™s eine gebührende Feier. Ihr habt erst vor kurzem zwei ausverkaufte Konzerte in Berlin in der Wuhlheide gespielt. Wie war das für euch?

Torsten: Diese beiden Konzerte im speziellen haben sich schon sehr, sehr gut angefühlt, da kann man nicht meckern. Das war auch glücklicherweise ein ganz tolles Wochenende. Alles hat funktioniert und alle Rechnungen sind aufgegangen. Wir haben ja eigentlich das gesamte Jahr unter diese 20 Jahre gestellt. Wir dachten uns, dass wir das machen müssen, weil so richtig Geburtstag feiern ist ja auch ein bisschen albern. Man weiß ja auch nicht genau wann, weil die Band in dieser Konstellation erst seit 15 Jahren zusammen ist. Aber wir haben uns gesagt, ach komm lass uns das machen. Und als sich dann in diesem Jahr auch noch die Best-Of rauskristallisiert hat, hat das alles Sinn gemacht. Jetzt spielen wir halt immer unsere Singles und finden das alle grob ganz ok, glaube ich. Ich glaube ich würde das ganz gut finden, was wir jetzt hier so machen.

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Testspiel.de: In 20 Jahren passiert ja so einiges. Wenn du jetzt auf die 20 Jahre zurückblickst, was würdest du sagen war das Highlight schlechthin? Gab es sie, diese ganz besonderen Erlebnisse?

Torsten: Da gibt es natürlich relativ viele. Wenn man darauf angesprochen wird, welche Konzerte die besten waren, dann ist das immer relativ schwer, weil selbst in der letzten Woche drei Sachen passiert sind, die bei mir total hängen bleiben werden. Aber wir haben zum Beispiel mal im Polen bei so einem Umsonst-Festival gespielt, da waren so 150-170.000 Leute. Das war schon beeindruckend mit einer riesigen Bühne und das war schon was ganz besonderes. Und dann gibt es natürlich noch andere Sachen. Wenn man dann mal, so blöd wie es klingt, seine Platte rausbringt und die finden so viele Leute gut, dass man auf Platz Eins in den deutschen LP-Charts landet und mal Helene Fischer oder so einen Scheiß hinter sich lässt. Das ist uns jetzt nicht wichtig, aber irgendwie bleibt es dann trotzdem kleben. Oder als wir mal in Rom bei den MTV-Awards waren . Da kann ich jetzt auch nicht leugnen, dass ich das schon interessant fand. Wir lagen dann halt trotzdem zehn Stunden am Flughafen in Rom rum, weil die Fluglotsen gestreikt haben, die sich dafür einen scheiß interessiert haben, dass diese Band da gerade irgendeinen Preis gewonnen hat. Oder, dass Thomas nach seinem schweren Sturz irgendwann wieder im Proberaum war und genauso gut, oder besser getrommelt hat, als zuvor. Also da gibt es tausenden Sachen, wenn du mich weiterreden lässt kommen da noch ganz viele. Aber das wichtigste ist glaube ich bei 20 Jahren, dass wir uns so gut verstehen wie noch nie und dass gerade alles einfach so funktioniert. Man kennt sich sehr gut, man kommt mit den Macken der anderen klar, man weiß wie man den anderen nehmen muss und deshalb macht es gerade jetzt so Ultra viel Spaß auf Tour. Nach 20 Jahren, können wir schon stolz drauf sein, dass wir uns noch nicht hassen und anspucken sondern Bock aufeinander haben, Bock haben Musik zu machen, das ist schon gut.

Testspiel.de: Ich finde das merkt man auch, dass ihr Bock aufeinander habt. Aber gab“™s auch mal andere Zeiten, Zeiten in denen die Fetzen geflogen sind?

Torsten: Das kann ich verneinen. Also es gab natürlich schon Konzerte, wo man sich danach angeschrien hat und schlechte Laune hatte. Oder man hatte Angst davor, in die Garderobe zu kommen, weil man bestimmt angeschnauzt wird. Das hat sich dann aber immer relativ schnell wieder geregelt, weil dann jeder erstmal vor der eigenen Haustüre gekehrt hat. Und es gab auch mal so eine Phase, wo wir gesagt haben, so jetzt machen wir mal ein Jahr Pause. Das war dann zum Beispiel eine Schwachsinns Idee so eine Pause zu machen, weil wir dachten wir müssen jetzt mal Abstand voneinander nehmen. Das braucht man alles gar nicht. Es gibt ja auch Leute die sind ihr Leben lang verheiratet und sind glücklich. Und so haben wir das jetzt auch hinbekommen: So eine eheähnliche Beziehung hinzubekommen, in der Freundschaft wichtiger als Sexualität ist. Zumindest jetzt bei uns fünf (lacht). Und das funktioniert ganz gut. Sex macht sowieso immer so viel kaputt.

Testspiel.de: Jaaaa“¦. Aber hättet ihr nicht mal Lust das auszuprobieren ;-)? Spaß beiseite. Wie würdest du sagen habt ihr euch musikalisch, als auch persönlich in den vergangenen 20 Jahren weiterentwickelt?

Torsten: So eine Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Da muss man weit ausholen. Persönlich sind wir einfach älter und damit auch reifer geworden. Dadurch, dass mittlerweile fast alle von uns Kinder haben, passiert da ja auch eine ganze Menge. Wir sind auf jeden Fall fokussierter und lassen uns nicht mehr so leicht ablenken. Man konzentriert sich einfach mehr auf die Arbeit mit der Band, weil andere Sachen genauso wichtig sind oder, wie halt eine Familie, sogar noch wichtiger als die Band. Zumindest ist das bei mir so. Das gab es früher auch nicht. Früher gab es nur die Band und jetzt gibt es halt noch meine Tochter. Das ist natürlich eine harte Konkurrenz. Musikalisch kann ich nicht sagen, wie man sich weiterentwickelt hat. Weil das würde ja bedeuten man ist besser geworden und das will ich mir nicht anmaßen. Wir haben schon immer sehr viel Musik im Bus gehört und das hat sich auch nicht geändert. Wir hören sehr viel Hardcore-Metal, Punkrock, Popmusik, Weltmusik, Rap, Elektro und Techno. Aber das war schon immer so. Jetzt können wir die Ideen, die wir beim Liedermachen haben, vielleicht konsequenter umsetzen. Also dass zum Beispiel ein Liede dann wirklich Reggae ist und nicht so ein bisschen Reggae. Wir sind auf jeden Fall immer noch ganz oft besoffen im Bus und haben ganz viel Spaß, wenn wir oberkörperfrei Oasis „Don`t look back in anger“ singen.

Testspiel.de: Ihr seid ja viel auf Festivals unterwegs und da auch eine sichere Nummer.

Torsten: Ja ist das so?

Testspiel.de: Es freuen sich jedenfalls immer sehr viele Menschen auf eure Auftritte, weil sie wissen, dass sie dort jede Menge Spaß haben werden.

Torsten: Hmmm.. Das ist eigentlich schade. Wäre eigentlich auch ganz geil, wenn wir unberechenbar wären. Es gibt ja so Bands, wo du nicht weißt was passiert. Hauen die alles kurz und klein, wird das ein hammer Konzert oder, oder“¦ Wäre halt geiler eigentlich, aber gut. Ist halt die sichere Nummer, ist ein bisschen langweilig aber gut. Ich weiß natürlich wie du das meinst, aber ich finde die Leute könnten auch ein bisschen mehr Angst vor Beatsteaks-Konzerten haben. So nach dem Motto „Ouuu, der Sänger“¦.der dreht manchmal so durch“. Nein, also es soll natürlich so sein, dass man für die zwei Stunden mal allen scheiß um sich herum vergisst und sagt ich hatte einen gute Zeit bei dem Konzert.

Testspiel.de: Worauf ich eigentlich hinaus wollte“¦Denkst du nicht, dass durch die ganzen Festival-Auftritte eure wirklich schon fast legendären Club-Konzerte etwas unterschätzt werden? Ich war zum Beispiel im vergangenen Jahr im Herbst auf eurer Clubtour in der Augsburger Kantine. Das war ungelogen eines der besten Konzerte meines Lebens.

Torsten: Ja klar Kantine, bester Club des Landes. Unser Soundmann Tom ist ja der Hausmischer der Kantine und der ist da ja ständig. Das war natürlich fantastisch da. Also nicht nur weil Tom da arbeitet und Tom einer meiner besten Freunde ist. Clubs sind eigentlich noch einmal ein bisschen wichtiger als Festivals, weil wir da nun mal herkommen. Die Band hat ja nun mal vor 20 Jahren angefangen in Clubs zu spielen vor 100 oder 200 Leuten. Irgendwann waren diese Konzerte dann ausverkauft. Jetzt kommen glücklicherweise immer noch genug Leute und das ist natürlich totaler Luxus für uns, dass wir Headliner auf so einem Festival sein können und dann aber trotzdem in einem Club spielen können. Die Clubkonzerte sind uns mindestens genauso wichtig, die gehören halt auch zu der Band dazu.

Vielen Dank für das Gespräch!

Helena
Helena
Im Jahr 1988 in Franken das Licht der Welt erblickt, lebt und arbeitet Helena in Berlin als Journalistin bei watson.de. Zuvor war sie Musikjournalistin beim Rolling Stone und hat an der Axel-Springer-Akademie gelernt. Vorher hat sie Literatur und Medien in Erlangen und Augsburg studiert. Musik ist ein integraler Bestandteil ihres Daseins und deshalb bloggt sie für testspiel.de aus der Hauptstadt.

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