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Läuft: Way Back When 2016

Zunächst einmal sollte ich wohl meine onkelhaften Töne von gestern revidieren – die Besorgnis, ob sich der Junge denn wohl allein mit seinen kreativen Ideen in der großen Stadt durchschlagen könne und so. Augenscheinlicher ist noch ein gewaltiger Personen-Schwall zum Wochenende angereist, um unter Vorwand die Gästezimmer ihrer alten Dortmunder Bekannten zu okkupieren. Fazit: Gut besucht und nicht zu voll.

Jetzt bloß nicht für’s nächste Jahr mit den Killers verhandeln, geschätztes Way Back When! Das Headliner-Geheimtipp-Ying stellt derweil zusammen mit dem Eintritts-Getränkepreise-Yang ein solides Gleichgewicht dar und zu viele Festivals kehrten mit dem neuen Größer / Teurer / Für alle was dabei – Prinzip ins ewige Nirwana ein. Mit drei Jahren kann man eben doch ausgewachsen sein.

Meine skeptische Distanz Isolation Berlin gegenüber hat sich gestern in nichts aufgelöst. Was für eine kaputte geile Band, schick und uneitel: „Siehst du da die dicke Frau, mit der bin ich per Du, die schmeißt mich jeden Morgen raus und schließt die Kneipe zu“ (Schlachtensee). Vor allem klang auch hier schon wieder der Sound viel zu gut. Wie kann das sein? Man hat uns doch ewig glauben machen wollen, dass Rockmusik auf großen Bühnen brüllend laut gehört und wenn man sich für Lyrics interessiert, solle man das Booklet studieren oder Sängerin und Sänger anschließend am Merch-Stand mit Notizheft befragen. Mal ganz im Ernst: Der Live-Sound auf dem Way Back When ist brillant und damit ein ganz seltener Exot.

Persönlicher Favorit für das beste Konzert waren eigentlich Augustines: Zu schwülstigen Synthieflächen tapsten sie einer nach dem anderen Balu-der-Bär-mäßig ins Publikum winkend auf die Bühne – mit Hüten. Diese Hüte lösten sich dann beim „abrocken“ vom Schädel, rollten umher, wurden an den Stückenden wieder hektisch aufgesammelt und neu aufgeschraubt. Neben dem albernen Hut-Debakel wurde dann auch noch alles viel zu schnell gespielt, was mutmaßlich als besonders virtuos interpretiert werden sollte. Von seiner eigenen Over-the-Top-Performance aufgestachelt, regte sich Sänger McCarthy dann auch noch über zu wenig Enthusiasmus im Publikum auf: Sie würden hier eine wahnsinnige Rock-Show (ernsthaft: er nannte es „Rock-Show“) abliefern, sich den Arsch aufreißen und zurück käme nur „the worst applause“ den er jemals gehört habe. Vielleicht herrscht grad eine allgemeine Skepsis amerikanischen Märchen gegenüber. Nicht nur in Sachen TTIP, sondern auch bei selbstgefälligen Bands, die mit ihrer Erlöser-Rhetorik die „Masse“ für sich gewinnen wollen. Nicht mal Lokalreporter Uwe (Kultur und Buntes) wird die „Are you alive?“-Mitmachrufe als ausgelassene Stimmung beurteilen.

Wie krass sich We Were Promised Jetpacks entwickelt haben, merkte man spätestens als sie gegen Ende ihren alten Hit „Quiet Little Voices“ dem restlichen Set gegenüber stellten: total niedlich im Vergleich. Manche Gruppen werden einfach eigen, treten aus dem Indie-Zeichensystem aus und entgleiten dabei den etablierten Wahrnehmungskanälen. Hätte ich die doch nur weiterverfolgt. Uff.. immer diese ganze Nachholerei.

Heute wäre dann Abschlussfeier unter anderem mit Wintersleep, The Boxer Rebellion und Kakkmaddafakka.

FESTIVALBERICHT: DONNERSTAGSAMSTAG

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Julian Gerhard
Julian Gerhard
Wechselte 2013 für ein M.A.-Studium von Münster nach Bochum. Das Studium ist fertig und das Ruhrgebiet bildet den neuen Arbeits- und Lebensmittelpunkt.

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