StartInterviewsInterview mit Friska Viljor: Diese Schweden bringen uns ins Schwitzen

Interview mit Friska Viljor: Diese Schweden bringen uns ins Schwitzen

Vor zehn Jahren treffen in einer Stockholmer Kneipe zufällig zwei von der Liebe und dem Leben enttäuschte Männer aufeinander. Was als Männerfreundschaft zwischen Joakim Sveningsson und Daniel Johansson beginnt, stellt sich als Segen für die Indie-Szene heraus. Im Jahr 2015, mit dem Release des sechsten Albums, „My Name is Friska Viljor“ (VÖ: 26.06.2015) , erinnert immer noch viel an einen gemütlichen Kneipenabend. Folk trifft auf teils fröhlichen, teils melancholischen Indie-Rock, obendrauf kommt eine riesengroße Portion Sympathie für die Schweden.

Als ich mich kurz vor ihrem Auftritt auf dem Modular-Festival in Augsburg mit den beiden treffe, chillen sie mit einem kühlen Bier in der Hand in Liegestühlen. Bei hochsommerlichen Temperaturen spreche ich mit Daniel und Joakim (beide Gesang) über ihr neues Album, Familie und das Leben.

Testspiel: Ihr seid jetzt schon seit über zehn Jahren im Business, bringt bald euer sechstes Album heraus und habt einige Konzerte auf dem Buckel. Inwiefern hat euch das als Band verändert?

Daniel: Als wir damals als junge Leute auf Tour gegangen sind war alles neu und aufregend. Da sind wir schon einmal 900 Kilometer für eine Show gefahren und dann 900 Kilometer zur nächsten. Das hat schon sehr viel Spaß gemacht. Jetzt sind wir faule, alte Säcke, die das meiste im Leben schon zu oft getan haben. Aber das Gefühl auf der Bühne zu stehen und das Publikum mitgehen zu sehen ist noch genauso toll, wie es bei unserem allerersten Konzert gewesen ist.

Testspiel: Ihr habt euch ja nicht nur als Band verändert und weiterentwickelt. Auch privat hat sich einiges getan. Zum Beispiel seid ihr nun Väter und habt eigene Familien. Wie haben die Veränderungen in eurem Privatleben eure Musik und insbesondere euer neues Album beeinflusst?

Joakim: Ich bin der Meinung, dass es nicht viel anders klingen würde, wenn wir keine Kinder hätten oder so. Also musikalisch. Ich denke, die Musik würde sehr ähnlich klingen. Der Unterschied liegt vielmehr in den Texten, würde ich sagen.

Daniel: Ja dem stimme ich vollkommen zu. Wir sprechen einfach mehr über Familie.

Testspiel: Als ich euer neues Album „My Name is Friska Viljor“ das erste Mal gehört habe, hatte ich das Gefühl, dass es musikalisch eher in die Pop-Richtung geht. Aber die Texte klingen hoffnungsvoller und glücklicher, als noch auf den Vorgängerplatten.

Daniel: Ich weiß echt nicht, woran das liegt.

Joakim: Da bin ich gar nicht deiner Meinung. Aber du bist nicht die erste, die das sagt, also hast du wahrscheinlich Recht.

Testspiel: Wie war es die neuen Songs für „My Name is Friska Viljor“ zu schreiben? Hat das lange gedauert oder war es eher so eine Art „künstlerischer Wahn“?

Joakim: Es hat tatsächlich sehr lange gedauert. Das liegt aber daran, dass wir die Familien haben. Deshalb haben wir viel weniger Zeit zum Songschreiben, als früher. Irgendwann haben wir uns einfach die Zeit genommen. Mit dem schreiben haben wir vor ungefähr einem Jahr begonnen, so im August, September vergangenen Jahres. Die Songs an sich haben nicht lange gedauert finde ich. Aber die Zeitspannen von Anfang bis Ende sind einfach wesentlich länger, weil wir nicht so viel Zeit am Stück investieren konnten.

Daniel: Was dabei sicher auch eine große Rolle gespielt hat, ist die Tatsache, dass wir während des Schreibprozesses komplett voneinander getrennt gearbeitet haben. Da ist echt viel entstanden. Leider auch viel Mist. Wir haben so noch nie gearbeitet. Auch wenn du das Gefühl hast, dieses Lied ist jetzt nicht super gut, dann steckst du trotzdem Zeit rein, um ihn irgendwie aufzupolieren. Wir haben jetzt einen Haufen C-Seiten“¦.

Testspiel: Dann freue ich mich jetzt schon auf euer C-Seiten-Album. Wenn das Schreiben so lange gedauert hat, war das bei den Aufnahmen ähnlich?

Daniel: Nein das ging echt schnell. Wir hatten einige Live-Musiker an Board, die wir schon auf Tourneen dabei hatten. Das hat es auf der einen Seite ein bisschen einfacher, aber auch ein bisschen schwieriger gemacht – also das hängt ganz davon ab, von welchem Song wir jetzt sprechen. Insgesamt würde ich sagen, dass es aber supereinfach war, wenn man von ein paar Steinen im Weg mal absieht.

Testspiel: Jetzt habt ihr schon einige Konzerte mit ein paar neuen Songs hinter euch. Wie fühlt es sich denn an, wenn man ein neues Lied das erste Mal dem Publikum präsentiert?

Joakim: Boa, da sind wir echt meganervös.

Daniel: Du hast so Angst. Stellst dir plötzlich Fragen wie: Weiß ich den Text noch? Wie ging nochmal die und die Zeile? Welche Noten muss ich spielen? Schaff ich es denselben Teil des Songs dann zu spielen, wenn Joakim ihn auch spielt? Das sind die Gedanken, die mich kurz vor so einem Auftritt bewegen. Dann ist da natürlich noch die Angst auf der Bühne einfach ausgebuht zu werden. Insgesamt echt ein komisches Gefühl. Aber wir haben jetzt doch schon ein paar Shows mit den neuen Songs gespielt und es hat sich jedes Mal fantastisch angefühlt.

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Testspiel: Ich spreche mit euch jetzt vor einem Festival-Auftritt. Macht es für euch einen Unterschied, ob ihr bei einem Festival auf der Bühne steht oder, ob ihr ein Konzert spielt?

Joakim: Wenn wir auf einem Festival, wie hier in Augsburg spielen, dann bekommt man ein bisschen das Gefühl dafür, wie es ist, ein Rockstar zu sein. Bei Konzerten fühlt es sich dann eher an, als würden wir in unserem Wohnzimmer Freunde treffen. Das ist dann intimer und wir können besser mit dem Publikum kommunizieren.

Testspiel: Hier in Deutschland seid ihr ja schon eine Hausnummer in der Indie-Szene. Dementsprechend könnt ihr einige Hits verbuchen. Ich denke da zum Beispiel an „Shotgun Sister“. Die Menschen werden diese Songs vermutlich immer und immer wieder sehr feiern. Wie ist das für euch? Eher so: „Nein nicht schon wieder das alte Teil“¦“ oder freut euch das eher?

Daniel: Viele Bands sagen ja in Interviews, dass wenn sie einen großen Hit haben, dass es für sie schon fast so einen Art Belastung ist. Aber ich würde sagen: „Wenn du uns in 20 Jahren noch einmal fragst, dann vielleicht.“ Im Moment denke ich aber nicht so. Ich denke vielmehr, dass das ein Segen ist. Das liegt daran, dass der Song so emotional ist und dass er so viel mit den Anfängen der Band zu tun hat, dass es mir eher schwer fällt, dann nicht zusammenzubrechen und zu weinen. Was gibt es denn schöneres als tausende von Menschen und vor allem große, starke Männer bei deinem Song mit Tränen in den Augen singen zu sehen? Davon kann man doch nie genug bekommen.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Tourdaten:

Sa 22.08.2015 MS Dockville Festival (Festivalgelände Wilhelmsburg)
Sa 29.08.2015 Pure & Crafted Festival (Ferropolis)
Fr 30.10.2015 Kiel (Pumpe)
Sa 31.10.2015 Dresden (Reithalle)
So 01.11.2015 Osnabrück (Rosenhof)
Mo 02.11.2015 München (Theaterfabrik)
Di 10.11.2015 Freiburg (Jazzhaus)
Mi 11.11.2015 Mannheim (Alte Feuerwache)
Do 12.11.2015 Köln (Live Music Hall)
Fr 13.11.2015 Hamburg (Uebel&Gefährlich)
Sa 14.11.2015 Berlin (Huxley’s Neue Welt)

 (Bilder: 1: Helena Düll, 2: Nina Stiller)

Helena
Helena
Im Jahr 1988 in Franken das Licht der Welt erblickt, lebt und arbeitet Helena in Berlin als Journalistin bei watson.de. Zuvor war sie Musikjournalistin beim Rolling Stone und hat an der Axel-Springer-Akademie gelernt. Vorher hat sie Literatur und Medien in Erlangen und Augsburg studiert. Musik ist ein integraler Bestandteil ihres Daseins und deshalb bloggt sie für testspiel.de aus der Hauptstadt.

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