StartKritikenReview: Prince - Montreux Jazz Festival 2009 (1st & 2nd Show)

Review: Prince – Montreux Jazz Festival 2009 (1st & 2nd Show)

Gunter war bei beiden Prince Shows gestern in Montreux dabei. Dies ist seine Kritik:

Review Prince Montreux 1st show

Wie es sich für ein echtes Jazz-Konzert gehört, beginnt der Abend mit der Vorstellung der Protagonisten durch den Bandleader. Drummer John Blackwell, Bassistin Rhonda Smith und Ausnahme-Keyboarder Renato Neto betreten einzeln nacheinander die Bühne und verneigen sich artig, während Prince sie nicht ganz stilecht aus dem Off hinter der Bühne ansagt, bevor er mit einem pointierten „And my name is Prince!“ ganz in rot gekleidet die Bühne erst betritt, als die Band die ersten Takte von „When I lay my hands on U“ bereits intoniert hat. Aubrausender Applaus. Soviel Show muss sein.

Dieses Prince-Quartett, das bei einigen Stücken um einen gut aufgelegten Mr. Hayes an der Orgel ergänzt wird, zeigt sich in ausgezeichneter Spiellaune. Bei „Little Red Corvette“ und „Somewhere here on earth“ definiert die Combo die musikalischen Stilmittel des Abends. Prince konzentriert sich ganz auf seinen bis zur Perfektion ausgefeilten Falsettgesang, den er zeitweise in schier unglaublichen Höhen zu nahezu koloraturartigen Verzierungen ausschmückt. Ansonsten lässt er viel Raum für ausgedehnte Soli – vor allem durch Weltklasse-Jazzer Renato Neto.

„Willing and able“, „I love U but don’t trust U anymore“ und auch das fluffige „Strolling“ sind von diesem Geiste beseelt. Immer wieder wetteifern „The Kid“ und Renato um das vertracktere Jazz-Solo. Klar, dass Prince dabei den Kürzeren ziehen muss, aber die eher rockige Art seines Gitarrenspiels fügt der „Jazz Soup“ eine Note hinzu, die sie insgesamt nicht nur schmackhafter sondern vor allem auch heißer macht.

Das beschwingte „All this love“ und „Elixer“ – beide vom aktuellen gleichnamigen Bria Valente-Album – bringt der Meister ohne die Hilfe seines Protegees zum Vortrag und verleiht ihnen damit neue musikalische Klasse. Das pathetisch getragene „Empty Room“ passt mit seiner Schwermut nicht ganz in diesen Kontext, spannt aber perfekt den dramaturgischen Bogen für das nun Folgende.

„In a large room with no light“ vom unveröffentlichten „Dream Factory“-Album wurde extra für den heutigen Abend musikalisch neu aufgearbeitet und beschreibt tatsächlich perfekt die Stimmung im abgedunkelten „Stravinski Auditorium“. Gleichzeitig kann es als musikalische Blaupause für den ganzen Abend gelten – folglich bekundet es auch das Ende von dessen offiziellem Teil.

Bei den Zugaben bedient sich Prince aus seinem umfangreichen Back-Katalog – bei Jazzigem und gefühlvollen Balladen aus den verschiedensten Phasen seines Schaffens. Auf das romantische „Insatiable“ folgt ein erotikgeladenes „Scandalous“ und schließlich mit dem intensiven „The Beautiful Ones“ der unbestrittene emotionale und musikalische Höhepunkt des Abends.

Alles in allem haben wir einen hochmusikalischen Prince erlebt, der in Songauswahl, Stil und Vortragsart perfekt den Geist des Festivals eingefangen hat. Eine Setlist völlig ohne Up-Tempo-Nummern und ein Prince der seine Finger häufiger beim Snapping als an der Gitarre zum Einsatz brachte, trugen uns für 90 Minuten durch live sonst eher selten beleuchtete Aspekte seines Schaffens. Das allein war die Reise schon wert.

Review Prince Montreux 2nd show

Viel Zeit zum Durchatmen blieb nicht nach dem Verklingen der letzten Note aus dem jazzigen ersten Prince-Set beim „Montreux Jazz Festival“ 2009. Wer einen guten Platz für die zweite Show ergattern wollte, musste schnell sein, denn draußen warten zu diesem Zeitpunkt bereits all jene, die nicht das Glück gehabt hatten, eines der heiß begehrten Tickets für die erste Show zu ergattern oder die eben den frühen Abend bei einem der anderen Musikacts des Festivals verbracht hatten.

Entsprechend hitzig ging es zu, als tatsächlich die Besucher der ersten Show bevorzugt Einlass ins „Auditorium Stravinski“ erhielten. Unter Buh-Rufen und wüsten Beschimpfungen brach ein Chaos aus, das die Security kaum noch kontrollieren konnte. Schlußendlich wurden weder Tickets noch Taschen kontrolliert, sondern der tobende Mob einfach in breitem Fluß in den Vorraum gelassen. Dort fand er sich dann vor verschlossenen Saaltüren wider. Die ganze Aufregung umsonst! Echte Chancen auf einen Platz in den ersten Reihen konnte sich nur der ausrechnen, dem es gelang, sich strategisch günstig vor einer der Saaltüren zu platzieren und im entscheidenden Moment einen rasanten Sprint hinzulegen. Ich schaffte es zentral vor die Bühne in Reihe 5 und war damit mehr als zufrieden!

Das Publikum geriet dann auch beizeiten tüchtig in Bewegung. Nachdem Prince auch das zweite Set mit „When I lay my hands on U“ eröffnet hatte, welches diesmal noch eine Nuance mystischer und eindringlicher geraten war, trat er bei „Come on, shook up“ mächtig aufs Gas und nahm den Fuß während der ersten Konzerthälfte auch nicht wieder vom Pedal.

Gitarrenbretter, verzerrte Wah-Wah-Soli, agressive Hammond-Orgel-Sounds, stampfende Beats unter scheppernden Hi-Hats und vor allem die härtesten Slap-Bässe, die ich je von einer Live-Bühne gehört habe, bereiteten den perfekten musikalischen Nährboden für Funk-Rock-Nummern wie „Peach“ und „When you were mine“. John Blackwell lieferte ein astreines Drumsolo, Rhonda Smith brachte die Wände des Auditoriums zum Beben. Alles atmete Schweiß und schier nicht zu bändigende Kraft.

Erst nach einer guten halben Stunde schaltete Prince zwei Gänge zurück und kredenzte einige der Highlights aus der ersten Show erneut: „Little Red Corvette“, „Somewhere here on earth“ und vor allem „She spoke 2 me“ demonstrierten erneut beeindruckend die musikalische Klasse des Quartetts. Dramaturgisch aber schien diese Idee nicht ganz zu zünden. Nach dem rockigen Parforce-Ritt der ersten Hälfte, fühlten sich Teile des Publikums scheinbar mit dem fluffigen Jazz nicht adäquat bedient – oder der Anteil derer, die im Rahmen der ersten Show bereits ausgiebig mit dieser Stilrichtung versorgt wurden, war einfach zu groß. Der Funke jedenfalls wollte nicht recht überspringen.

Prince – ganz alter Showprofi – sah sich daher genötigt, das Ruder herumzureißen und dem Abend eine andere Wendung zu geben. „We need 2 do something different.“, teilte er der Band mit und instruierte im gleichen Atemzug den Beleuchter: „Turn the lights down.“ Von der komplett abgedunkelten Bühne herunter fragte er dann: „Are U funky?“ Vorbehaltlose Zustimmung. „And do U think I’m funky 2?“ Oh, ja. „Then let’s have a bath 2gether!“ Sprach’s und startete mit „All the critics love U in Montreux“ eine schweißtreibende Funk-Jamsession, die Publikum und Band minutenlang durch „Housequake“ und Zitate aus „Black Sweat“ führte. Aufmerksamkeit und Engagement beider Parteien hatte er damit wiedergewonnen. Renato und Co. klebten an seinen Lippen, um jede Ansage oder noch so kleine Handbewegung mit der passenden musikalischen Wendung zu parieren. Wir unten im Publikum tanzten und sprangen. „We can do this all night long!“ Stimmt.

Schluß war dann leider doch sofort, Prince aber kehrte nach einer längeren Pause – komplett umgezogen und jetzt in eine Art Kinder-Pyjama gehüllt – noch ein letztes Mal zurück, um erneut eine beeindruckende Version von „In a large room with no lights“ abzuliefern, die mit einem auf der Lautsprecherbox sitzenden Prince, der seiner Gitarre ein minutenlanges Solo entlockte, zu Ende ging.

Als kleines Zugeständnis an den Massengeschmack kredenzte der kleine Mann dann noch – quasi als Dessert – seinen wohl größten Hit „Purple Rain“. Nun ja, diesem Song vermag selbst er nach 25 Jahren keine neuen Facetten mehr zu entlocken. Professionell gefühlvoll quälte er das Letzte aus seiner Gitarre heraus – so oder so ähnlich schon tausendmal gehört. Renato und Mr. Hayes beobachteten die Szenerie und schmunzelten um die Wette – was in ihren Köpfen vorging, werden wir wohl nie erfahren.

Um zwei Uhr in der Früh entließ uns „The Kid“ schließlich in die laue Sommernacht am mondänen Genfer See. Alles war perfekt – nur die letzte Zugabe fügte sich irgendwie nicht richtig mit der sich nun entfaltenden, belebten Seepromenade zusammen. „Under The Cherry Moon“ – das wär’s gewesen.

Setlist Prince Montreux 1st show (18.07.2009):

– When I Lay My Hands on U
– Little Red corvette
– S.H.O.E
– When The Lights go Down
– Willing and Able
– I love you But I don’t Trust You
– She Spoke 2 Me
– Love like Jazz
– What ur gonna do with all this love (off Bria’s album) OMG absolute KILLER version!!!
– Empty Room
– Elixer
– In a large room with no light

Encore:
– Insatiable
– Scandalous
– The Beautiful Ones
– Nothing Compares 2 U

Setlist Prince Montreux 2nd show (18.07.2009):

– When I Lay My Hands On U
– Stratus / That’s It
– John Blackwell solo
– All Shook Up
– Peach
– Spanish Castle Magic
– When U Were Mine
– Little Red Corvette
– Somewhere Here On Earth
– She Spoke 2 Me
– I Love U But I Don’t Trust U Anymore
– Love Like Jazz
– All The Critics Love U In Montreux / Housequake

Encore:
– In A Large Room With No Light
– Purple Rain

(Bilder CC FDumeny, Setlist via Prince.org)
Marc
Marchttps://www.testspiel.de
Marc hat Testspiel.de ins Leben gerufen und teilt hier seit 2005 seine Leidenschaft für Musik und das Internet.

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