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Album der Woche: Foxygen – Hang (Kritik)

Recht früh in ihrer Karriere haben Foxygen klar gemacht, dass all die verlausten Hippie-Nachläufer mit der H&M-Coachella-Linie im Schrank es sich bei ihnen nicht allzu gemütlich machen sollten; wenig ist schließlich schlimmer, als bis ans Ende aller Tage auf psychedelische Popmusik abonniert zu sein. Als sich also gerade eine ganze Käuferschicht schön in den fluffigen Schichten ihres kompakten Albums „We Are the 21st Century Ambassadors of Peace & Magic“ eingenistet hatte, ließen Foxygen eben jene auf ihrem folgenden Album vollkommen unkontrolliert explodieren. Ergebnis war ein 80-minütiges Doppel-Album mit losem Konzept und so vielen Ideen, dass die Leute keine andere Wahl hatten, als sich überfordert abzuwenden und die Zukunft dieses stets am Rande des Abgrunds stolzierenden Duos ernsthaft in Frage zu stellen.

Nun, Foxygen haben sich in der Tat zusammengerauft und ein weiteres Album zustande gebracht, dass seinen Vorgänger nicht wiederholt, sondern sich vielmehr mit ähnlichem Gestus in entgegengesetzte Richtung bewegt. Statt ihrem Ideenwahn über zwei Alben hinweg freie Hand zu lassen, verdichten sie eine ähnliche Vielfalt auf gerade mal 32 Minuten, pressen zudem mit Hilfe einiger Freunde ein 40-köpfiges Orchester mit hinein und liefern damit eine Art stilistischer Implosion, die in ähnlichem Maße dazu im Stande ist, den Hörer erschlagen zurückzulassen.

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Der Erfolg von „Hang“ steht und fällt damit, ob der Hörer bereit ist, sich auf diesen speziellen Trip einzulassen, denn entgegen aller Wahrscheinlichkeit erdrücken Foxygen ihre potentiellen Hits nicht heillos unter dem aufgelasteten Gewicht. Die Single „Follow The Leader“ ist etwa durchaus ein gelungener Einstieg, opulent zwar, jedoch mit Einflüssen vom Broadway ebenso wie aus Motown und vor allem dem richtigen kompositorischen Gespür, um die einzelnen Teile schlüssig zusammenzufügen.

Wichtig ist dabei auch die Lust am Spiel, die Foxygen beweisen: Wenn die Streicher in „Follow The Leader“ etwa erstmal abschmieren, wirkt das wie eine falsche Fährte in Richtung Barock-Pop, bis die zweite Falltür aufgeht und die Streicher umso wuchtiger zurückkehren, um den Ton für den um Eklektizismus nicht verlegenen Rest der Platte zu setzen. „Avalon“ darf dabei im Refrain ebenso munter Abbas „Waterloo“ zitieren, wie „Mrs. Adams“ Glam-Gitarren auffahren und „On Lakershim“ Country ad absurdum führen darf, eben weil alles mit der gleichen, vollkommen überzogenen und im Grunde deplatzierten Grandezza erfolgt.

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Diese kühn-pathetischen Verschmelzungen zwischen Karikatur und tatsächlicher Überambition kennt der geneigte Hörer natürlich auch von Akteuren wie Rufus Wainwright oder Dan Bejar, doch „Hang“ treibt das Spiel mit seinem übertriebenen Frohsinn und bizarren Einlagen wie dem patriotischen „America“ penetrant auf die Spitze. Wo andere Pop-Exzentriker die Möglichkeit offen lassen, dass hier mit einer campy Attitüde gespielt wird, legen Foxygen immer wieder nahe, dass sie schlicht und einfach den Verstand verloren haben.

Doch dann gibt es eben, gerade gegen Ende, einige Brüche, die mit den abstürzenden Streichern zu Beginn des Albums harmonieren. „Trauma“, eigentlich ein rührseliges Schmachtstück, schraubt sich etwa unbemerkt, dafür jedoch umso vehementer in eine wolkige Kakophonie, während das folgende „Rise Up“ herrlich zwischen vertontem Motivational und rödeligen Garagengitarren changiert, ohne sich eindeutig auf eine Seite zu schlagen. So wenig zugänglich die Stücke zunächst in ihrer übertriebenen Zugänglichkeit sein mögen, ist es wohl diese Unentscheidbarkeit, die das Publikum zunächst Durchlauf um Durchlauf durch das Album schickt, bis man sich eben irgendwann resigniert ergibt und den infektiösen Melodien überlässt, die die alten Fintenfreunde Foxygen als finale Überraschung hinter all dem Tand versteckt haben.

„Hang“ erscheint am 20.01. via Jagjaguwar auf Platte, CD und digital.

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Sebastian
Sebastian
Aus Saarbrücken, in Münster, immer auf Testspiel, manchmal auch hier: http://mordopolus.tumblr.com/

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