StartKritikenSo war das Desertfest Berlin 2019

So war das Desertfest Berlin 2019

Lasset die Messe beginnen! Zwischen Kutten, Bierbechern und langen Haaren spielte sich das achte Desertfest Berlin ab. Mit der Bekanntgabe des Lineups für die Berliner Ausgabe des Desertfests 2019 war klar, dass besagtes das diesjährige Mekka deutscher und europäischer Stoner-Rock und ähnlicher Spielarten liebender Zuhörer werden sollte. Die Kalifornier Fu Manchu gehören wie Colour Haze zu den Mitgliedern der ersten Stunde der Desert-Rock-Szene, die in Palm Springs entsprang. Doch das Spektrum der Bands bietet beim Desertfest in der Metropole direkt an der Spree noch einiges mehr.

Während man beim Betreten der abgedunkelten Arena direkt abtaucht aus der Aussenwelt, spielt sich draussen auf dem Vorplatz bei vorbeiziehenden Wolken und durchbrechenden Sonnenstrahlen der Open Air-Teil des Festivals ab. Auf Bänken und Tischen können sich die Gäste bei einem Bier oder BBQ zusammen setzen oder direkt die anliegende Hoppetosse mit Blick auf den Funkturm besteigen, um sich eine der dort spielenden Band von nahem anzusehen. Eine davon sind die Zig-Zags aus Los Angeles. Kalifornien mag für vieles stehen, an diesem Wochenende aber vor allem als Heimat guter Bands. Die Zig-Zags legen am Samstagnachmittag als eine der ersten Bands des Tages los. Knapp eine halbe Stunde Stagetime reichen, um das Publikum heiß zu machen.

Nach den Bands auf dem Boot, dürfen die Besucher beim Karaoke ihre eigenen Gesangsqualitäten unter Beweis stellen. Die ersten Biere fließen und der Zustand wird vorbereitet, in dem sich das Stoner-Rock-Publikum am wohlsten fühlt. Am Abend zuvor sorgen All them Witches aus Nashville am stärksten besuchten Tag, dem Freitag, für elektrisierende Retro-Klänge, die in endloses Jammen ausufern. Om stehen mit hypnotisierenden zur Ekstase bringenden Rhythmen dafür am Sonntag vor lichteren Reihen.

Je schwerer die Harmonien und Riffs wiegen, desto friedlicher schwirrt die Atmosphäre. In der Tiefe der Musik liegt die Kraft, aus der das Publikum seine Zufriedenheit zieht. Doch Soundprobleme, vornehmlich am ersten Festivaltag sorgen für Unmut. Besonders bei Bands wie All them Witches stört die Unausgeglichenheit beim Abmischen. Am zweiten sind die Probleme allerdings weitestgehend im Griff. Die einzige Bühne in der Arena steht in einem separaten Raum, zu dem man durch die Vorhalle gelangt. Vorbei an der Gamers Corner, in der sich die Gäste herausfordern können, um die Ecke vom Foodbereich. Beim weiteren Durchqueren gibt es die Möglichkeit sich seine persönliche Desertfest-Erinnerung am Tattoo-Stand tätowieren zu lassen oder mit Merch einzudecken. Auch verschiedene Stände mit Schmuck, Drucken und Platten dienen als Zeitvertreib. Bezahlt wird mit Token, die man direkt am Eingang umtauschen kann.

Hällas übernehmen im Innenbereich die Stagetime am späten Samstagnachmittag. Mit samtenen Umhängen behangen, spielt die schwedische Hard-Rock-Band die Sterne herbei. Die Band könnte aus einem Märchen der 70er Jahre stammen, es fehlen eigentlich nur noch Schwerter, Prinzessinnen und Pferde.
Ingesamt sorgen die guten Lichtshows und Visuals bei den Bands, in der etwas kalt wirkenden Arena, neben der Musik für eine mitreißende wärmende Wirkung.
Die Landesbrüder von Hällas Greenleaf outen sich als schüchtern. Doch hier braucht sich niemand verstecken, das Publikum beim Desertfest ist eine Gemeinschaft. Vereint durch die Leidenschaft zu einer Musik, die sie zu einer Subkultur zusammenschweißt. Frauen auf der Bühne sind in der Minderzahl, doch dank Blackwater Holylight und Stonefield durchaus vertreten, im Publikum ist es ausgewogen, allerdings ist das nebensächlich.

„Welcome to the desert“ begrüßen Fu Manchu das Publikum. „Thanks for fucking coming“ und spielen eine Bandbreite ihrer populärsten Tracks von „Godzilla“ hinzu „Intelligent Worship“. Archaisch brettert der Sound dahin, man sieht beinahe die Motorräder über den Highway jagen. Gegen halb eins verlässt die Band die Bühne unter frenetischem Jubel, doch das Publikum hat nicht genug. Für die Zugabe kommen Fu Manchu mit einem ordentlichen „what the fuck“ von Scott Hill zurück auf die Bühne.
Eines der Highlights stellen Kikagaku Mojo aus Tokio dar, die indische Klänge mit Krautrock vereinen. Lieder wie „Smoke and Mirrors“ dauern bis zur Verschmelzung mit der Unendlichkeit, bestärkt durch die Visuals im Hintergrund. Farben und Klang werden eins. Mit ihrer Mischung aus Krautrock, indischen Ragas und Acid Folk ist die Entziehung aus dem Sog, den die Band kreiert nahezu unmöglich.

Am Ende des Wochenendes zeigt sich, dass die Voraussetzung für die Erfahrung Desertfest der Wille ist, sich darauf einzulassen. Dann taucht man sehr tief ab und wacht am nächsten Morgen voll von horizonterweiternden Eindrücken auf. Auf dass die nächste Messe schnell wieder beginne.

Helen
Helen
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