StartKritikenKele - Trick (Kritik + Stream)

Kele – Trick (Kritik + Stream)

Gibt es eigentlich irgendeine Indieband außer den Arctic Monkeys, die die letzte Dekade vollkommen unbeschadet überstanden hat? Die Strokes zeigen sich teils recht gelangweilt von sich selbst, die Libertines und die Babyshambles werden durch Pete Doherty sabotiert, die White Stripes haben komplett kapituliert,  Franz Ferdinand kopieren sich selbst und Bloc Party stehen gefühlt mehrmals pro Jahr kurz vor ihrer Auflösung. Wer weiß, vielleicht wäre es sogar schon längst so weit gekommen, hätte Frontmann Kele nicht zur rechten Zeit seine Solokarriere lanciert, innerhalb derer er sich nun in Sachen elektronischer Musik austoben kann – ein Verlangen, das seine Band eine Zeit lang ziemlich belastet hat.

Nach dem deutlich am Alternative Rock geschulten letzten Bloc Party Album „Four“ war es also quasi nur eine Frage der Zeit, bis Kele wieder in den Club drängeln würde. Egal ob Techno, House oder Ragga, seine bisherigen Veröffentlichungen waren immer dort angesiedelt. „Trick“, seine neues Album, fällt allerdings nicht ganz so stürmisch aus wie erwartet. Schon der Start „First Impressions“ trumpft zu vager, leichter, nicht unbedingt tanzbarer Musik mit einer nicht näher bekannten Gesangspartnerin auf, die sich Kele annähert und dann wieder in die Nacht entschwindet.

Denn so viel ist klar: für diese Zeit wurde „Trick“ geschrieben. Party, Sex, Einsamkeit und die Melancholie, die all das überzieht sind Thema der Platte. Kommt bekannt vor? Klar, das selbstmitleidige Partyleiden wurde in den letzten Jahren von Künstlern wie The Weeknd hoffähig gemacht, doch Kele mit diesen Figuren in einen Sack zu stecken würde zu kurz greifen. Statt R’n’B steht erneut Clubmusik fernab von Brostep im Vordergrund, die Kele mit seiner souligen Stimme konterkariert.

In vielen Tracks geht dieses Konzept wunderbar auf. Die Single „Doubt“ ist im Grunde ein fieser kleiner Clubsong geworden, noch zwingender ist in dieser Hinsicht eigentlich nur „Humor Me“. „Closer“ steht in der bezirzenden Tradition des Openers, gemahnt jedoch viel stärker an House. Samtig weich wird es erst im hinteren Teil, bei „My Hotel Room“ und dem abschließenden „Stay The Night“. Diese Tracks sind vielleicht etwas zu simpel produziert, doch Keles Stimme reißt eben so manches Stück über das schnöde Mittelmaß hinaus. Viele einprägsame Melodien, ordentlich konstruierte Beats und nette Einfälle (der irrlichternde Beginn von „Coasting“ etwa) stecken in den neuen Songs und zeigen, dass Kele mittlerweile in Sachen elektronischer Musik durchaus als versierter Produzent bezeichnet werden kann.

„Trick“ ist eine runde Sache und nett anzuhören, selbst wenn die Platte der Clubmusik im Allgemeinen nichts wirklich Neues hinzuzufügen hat; dazu fehlt dann eben doch die ganz große Idee, das wirklich innovative Element. Dennoch hat man es hier ohne Zweifel mit einem guten Album zu tun. Und bestimmt wird’s dann bald auch wieder was mit Bloc Party.

„Trick“, das zweite Soloalbum von Kele, erscheint am Freitag in Deutschland. Den Albumstream hatten wir euch bereits kredenzt und hier gibt’s nochmal das Video zur ersten Single „Doubt“:

Sebastian
Sebastian
Aus Saarbrücken, in Münster, immer auf Testspiel, manchmal auch hier: http://mordopolus.tumblr.com/

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