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Kel Valhaal – New Introductory Lectures on the System of Transcendental Qabala (Kritik)

Hat Hunter Hunt-Hendrix nun vollends den Verstand verloren? Als reichten der dubiose Name, seine (kunst-)philosophischen Anwandlungen und der Hipster-Black-Metal-Turned-Art-Midi-Glockenspiel-Rock seiner Band Liturgy nicht aus, muss er uns nun auch noch mit einem Elektro-Projekt belästigen. Kel Valhaal bringt dabei selbstverständlich jede Menge Ballast mit, der sich alleine in Form des monströsen Albumtitels „New Introductory Lectures on the System of Transcendental Qabala“ ausdrückt und in Artwork und Texten seine Fortsetzung findet. Eine Zumutung für den Hörer, klare Sache.

Aber ja, manchmal muss man eben auch bereit sein, sich etwas zuzumuten. Schon „The Ark Work“, jene experimentelle Fusion von Midi-Sounds und progressivem Black Metal, blieb aufgrund ihres schrottigen Klangs, der merkwürdigen stimmlichen Darbietung und einer betont artifiziellen Haltung vielen Kritikern im Halse stecken. Kel Valhaal, auch Titel eines Songs des dritten Liturgy Albums, knüpft an diesem Punkt schon rein nominell an, geht aber noch einen Schritt weiter. Die Band fehlt nun komplett, stattdessen hat Hunt-Hendrix im Alleingang ein synthetisches Album zusammengeklöppelt, das ziemlich genau so roh klingt, wie es Cover und das Musikvideo zur ersten Single „Present Tense“ nahelegen.

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Ausgewiesen ist Kel Valhaal als Nebenprojekt, innerhalb dessen die Ansätze nicht ganz so fein ausgearbeitet sein müssen, wie es bei Liturgy der Fall ist, was den Weg freimacht für Schnellschüsse wie „New Introductory Lectures on the System of Transcendental Qabala“. Und wieder ist es die aufringliche Vielzahl der Assoziationen, die den Zuhörer zunächst vollkommen irritiert zurücklässt: Hunt-Hendrix wohl dosierten Sprechgesang kennen wir mittlerweile, hinzu stoßen Sounds, die in ihrer teils doch komplexen Rhythmik an die Demoversion eines hypothetischen 90er-Warp-Albums denken lassen. Und doch steckt hinter Songs wie „Kairos“ jene vertrackte, am Mathcore geschulte Rhyhtmik, die – befeuert von Glitches – eine unerwartet emotionale Komponente freilegt und auf jenen kathartischen Höhepunkt hinzusteuern scheint, dem Liturgy ebenfalls so oft nachjagen.

Zur Blüte getrieben wird diese Hatz im finalen „Bezel“ Doppel: Hier rechnet man zunächst jeden Moment damit, dass die Band doch endlich einsetzt und die stolpernden Sounds zu einem kohärenten Ergebnis führt, doch den Gefallen tut Hunt-Hendrix seinem Publikum nicht. Stattdessen lässt er Drumrolls ins Leere laufen, zerhackt seinen eigenen Gesang und lässt Synthiemelodien so derart zerschossen in der Luft schweben, als ginge es ihm tatsächlich darum, mit digitalen Hilfsmitteln Popmusik wie wir sie kennen abzuschaffen.

Ähnliche Muster finden sich bei den beiden wuchtigen Songs zu Beginn des Albums, wobei sich vor allem das zehnminütige „Ontological Love“ als ergänzender Kontrast zu den folgenden Stücken empfiehlt. Stoisch baut sich hier ein hypnotisierender Rhythmus auf, der später einen predigenden Hunt-Hendrix sicher in sich birgt, statt ihn und sich selbst so aggressiv zu dekonstruieren, wie es – konsequenterweise – am Ende des Albums passiert. Beide Ansätze stehen für wertvolle Facetten, die diesen fruchtbaren Ableger des mit „The Ark Work“ etablierten Soundkosmos auszeichnen. Am Ende ist es dann natürlich auch vollkommen egal, ob Hunt-Hendrix nun furchtloser Pionier, prätentiöser Aufschneider oder armer Irrer ist. „New Introductory Lectures on the System of Transcendental Qabala“ ist ein ungemein nervendes, widerspenstiges Album, das den Hörer über die Gebühr strapaziert, am Ende aber eben mit frischen Blickwinkeln belohnt.

7,8/10

„New Introductory Lectures on the System of Transcendental Qabala“ erscheint am 15.07. via YLYLCYN als Download sowie im Stream.

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Sebastian
Sebastian
Aus Saarbrücken, in Münster, immer auf Testspiel, manchmal auch hier: http://mordopolus.tumblr.com/

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