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Herrenmagazin – Sippenhaft (Kritik)

Das Herrenmagazin als solches ist ja eigentlich eher im Printjournalismus verhaftet und in den hinteren Fächern von Bahnhofsbuchhandlungen, Autobahnraststätten und ähnlichen Zwischenwelten zu finden. Dass die Gruppe Herrenmagazin als solche eher im deutschsprachigen Indierock verhaftet ist und auch sonst wenige Themen mit besagten Publikationen teilt, sollte sich in den vergangenen Jahren ebenfalls herumgesprochen haben. Drei Alben hat die Band bereits zu verantworten, mit „Sippenhaft“, ihrem Vierten, stehen sie nun erstmals beim deutschen Indie-Mogul Grand Hotel Van Cleef unter Vertrag. Vielleicht sollte es gerade daher besonders werden, einen konzeptuellen Ansatz kann man den Hamburgern dieses Mal nämlich keinesfalls absprechen. Bereits Titel und das bedrückend-schön symmetrisch gestaltete, an Wes Anderson erinnernde Cover zeigen an, dass es sich hierbei um eine Abhandlung über zwischenmenschliche Beziehungen, ganz besonders aber auch Familien handelt. Wo Anderson jedoch teils dem Verlangen erliegt, seine Inhalte der Form zu unterwerfen, scheint „Sippenhaft“ am Gegenteil zu kranken: Die Inhalte sind durchweg interessant, auch textlich angemessen gestaltet, doch die Musik dazu wirkt an manchen Stellen arg belanglos. Klar, richtig falsch macht „Sippenhaft“ selten etwas. Richtig richtig aber auch nur bedingt.

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Die erste Single „Ehrenwort“ ist ein Beispiel dafür, wie die neu erstarkte Liebe zum Klavier passend mit dem Indiepop der Hanseaten einhergehen kann. Behutsam entfaltet sich der Song um eine liebliche Melodie herum, Deniz gibt dazu halbwegs Kryptisches von sich, was jedoch rasch zumindest assoziativ erfasst werden kann. An diese Tradition knüpft der Titeltrack an, behandelt sein Thema jedoch ungleich offensiver und mäandert ein Stück melancholischer umher. Das ist gelungener Indiepop, dem man niemandem ankreiden möchte, im Gegenteil zu Stücken wie „Gärten“, das sich ein wenig zu behäbig gängigen Strukturen unterwirft und am Ende nichts von Belang abliefert. Hier manifestiert sich ein Gefühl, dass bei „Sippenhaft“ leider an allen Ecken und Enden bei mir unterschwellig aufschlägt: Das ist alles schon gut und nett, aber nicht so bahnbrechend oder exzellent, wie es sein könnte. Spannend ist es immer dann, wenn Herrenmagazin nicht der Versuchung erliegen, sich wie all die anderen Epigonen der Hamburger Schule langsam in die Arme des traditionellen, an Schlager gemahnenden Pop zu werfen, sondern all dem etwas entgegen setzen. Das können schlingernde Gitarren sein oder ein Hauch von Biss wie im Fall von „Es reisst mich zusammen“, Hauptsache man schafft es, sich irgendwie von der grauen Masse abzuheben. So bleiben Herrenmagazin mit ihrem vierten Album aber eine Band, der man zwar durchaus wohlgesonnen sein darf, bei der es sich aber ähnlich verhält wie bei den Printkollegen: Für die erste Reihe wird nie so ganz reichen.

6,5/10

„Sippenhaft“, das vierte Album der Gruppe Herrenmagazin, ist am vergangenen Freitag, den 7.8.2015, im Handel erschienen. Dort könnt ihr es gerne käuflich erwerben, alternativ steht zum Antesten auch bei Spotify zur Verfügung. Malte hat außerdem mit Deniz und Rasmus über Brillenputztücher, Grand Hotel Van Cleef und natürlich ihr neues Album geschnackt. Kann man sich durchaus auch noch geben.

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Sebastian
Sebastian
Aus Saarbrücken, in Münster, immer auf Testspiel, manchmal auch hier: http://mordopolus.tumblr.com/

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