StartAnzeigeGame of Thrones live in der Barclaycard Arena: Hier spielt die Musik

Game of Thrones live in der Barclaycard Arena: Hier spielt die Musik

Gleich neben dem vielleicht beeindruckendsten Fußballstadion der zweiten Bundesliga steht die Barclaycard Arena, die je nach Event über ein Fassungsvermögen von bis zu 16.000 Zuschauern verfügt. Aufgrund der ausladenden Bühnenelemente der neuen Game of Thrones-Liveshow mussten einige Plätze weichen – rund 10.000 Besucher sind angereist. Von der für die Sieger des Testpiel-Gewinnspiels reservierten Barclaycard Loge aus erspäht man nur mit Mühe einzelne freie Plätze. Bei bestem Ausblick wurde für die Glücklichen ein köstliches amerikanisches Buffet kredenzt, dazu nach Wahl feinste Bierspezialitäten namhafter Brauereien aus Hamburg und Bayern. Der kulinarische Mix setzte sich auch in der „Game of Thrones – Live Concert Experience“ fort: Neben einigen für den Soundtrack zentralen US-Musikern in exzentrischen Gewändern, geben sich Folkwang-Chor und -Orchester aus Essen die Ehre. Der aus Duisburg stammende Komponist und Wahlamerikaner Ramin Djawadi führte zur mehrheitlichen Begeisterung in deutscher Sprache am Dirigentenpult durch das Programm.

Die gigantische über der Bühne hängende Leinwand zeigt gestochen scharfe Bilder der HBO-Serie, die eine globale Fanbase rekrutierte, wie es vorher nur Kino-Franchises à la Star Wars gelang. Und diese szenografische Entscheidung wirft die zentrale Frage ganz deutlich auf: Wie viel Autonomie steht den Arrangements Djawadis zu? Sind sie bloßes Beiwerk des spektakulären Visuellen oder können sie auch unabhängig jener einschlägigen Bewegtbilder existieren – also auch zum Soundtrack der persönlichen Gedankenwelt, des eigenen Lebens werden? Die Bildaufnahmen haben es nicht leicht neben der Hier-und-Jetzt-Performance der hochkonzentrierten Musiker zu bestehen. Durchaus gibt es Bemühungen beide Ebenen zu verschränken, etwa wenn sich die Originalton-Schreie der Leinwand-Drachen von Daenerys in den Sound mischen. Es scheint aber fast, als blieben die Figuren der Fantasy-Serie heute bloß Zaungast. Schön, dass sie vorbeischauen, aber sind sie wirklich wichtig für diese Live-Ereignis? Werden die eigenen Erinnerungen, Assoziationen, Gefühle und Wünsche rund um die Charaktere durch die eindringlichen Klangwelten nicht automatisch auf die persönliche innere Leinwand projiziert und ist es nicht dieses ganz eigene GOT-Feeling, was das Publikum schlussendlich miteinander verbindet?

Hie und da kann man Kamerafahrten zwischen den Musikern auf zwei Nebenleinwänden verfolgen. Da liegt der Hase im Pfeffer: Das „große Kino“ sollte bei dieser Veranstaltung für die Musiker reserviert sein, ab und an ein paar assoziative GOT-Impulse auf den kleineren Projektionsflächen würden völlig ausreichen – eine solche Entscheidung trüge ein klares Standing im Sinne der Kompositionen und ihrer vielfältigen Assoziationsräume inne. Die musikalische Funktion als Handlanger der epischen Hochglanzbilder wird schlussendlich nur noch zementiert, wenn das Gros der Gäste in Richtung abgespielte Spielszenen starrt: Auf der Bühne spielt die Musik! Und na klar, die Musik wurde zum Großteil exklusiv für jene Filmsequenzen geschrieben – das ist bei Popsongs, die von bestimmten Personen und Ereignissen handeln aber nicht viel anders. Was die Musik am Ende ausmacht, ist das Universelle, dass sie eben auch ganz ungebunden vom Künstlersubjekt „funktioniert“.

Während der Pause servierte unsere Obersymphatin von Betreuerin der Loge als i-Tüpfelchen noch Muffins und Pancakes. Wie sehr der Schaumwein, zu dem ich inzwischen übergegangen bin, um auf die Liebe zwischen Jon Snow und Ygritte anzustoßen, meine Empfänglichkeit für die ganz großen Emotionen noch potenzierte, weiß ich nicht zu sagen. Jedenfalls halte ich die hochkochende Spannung kurz vor dem „Battle of the Bastards“ nicht mehr aus: Rickon wird im Überlebenssprint mit Pfeilen beschossen und ich ertappe mich, wie ich mittlerweile auch der Leinwand verfallen bin. Ich bewege mich von meinem Sessel in das Halbdunkel der logeneigene Küchenzeile. Tiefgestimmte Trommeln, jeder Schlag zieht einen düsteren Nachhall mit sich: Ich öffne den Kühlschrank und greife nach einer Flasche Hamburger Pils. Streicher verharren auf einem Ton, der mehr und mehr anschwillt, bis ein wuchtiger Paukenhieb den Saal zum Beben bringt: Tollkühn entferne ich praktisch lautlos den Kronkorken mit dem Verschluss einer anderen Flasche und setze zum Trinken an. Das leitende Cello bäumt sich mit zunehmenden Dissonanzen bedrohlich auf, das komplette Orchester zieht nach, bis die Spannung ihren schaurigen Höhepunkt erreicht: „Das ist ja alkoholfrei?! Wie konnte ich mich so vergreifen?“.

Nun gut, vielleicht ist Djawadis musikalische Untermalung für die Banalität des echten Lebens eine Spur zu pathetisch. Die Frage danach, wie souverän oder unvollständig Soundtracks zu begreifen sind, bleibt bestehen, während sich die Halle schon langsam zu leeren beginnt und das GOT-Hauptthema von allen Seiten in gebrummten, gesummten und gepfiffen Varianten zu hören ist. Glückseligkeit liegt in der Luft. Ich denke auf dem Fußweg zur S3 noch über den Satz „Sound is half the movie“ nach.

Dieses kleine Internetfundstück sei all jenen empfohlen, denen das Thema Filmmusik auch keine Ruhe lässt.

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In Kooperation mit Barclaycard.

Julian Gerhard
Julian Gerhard
Wechselte 2013 für ein M.A.-Studium von Münster nach Bochum. Das Studium ist fertig und das Ruhrgebiet bildet den neuen Arbeits- und Lebensmittelpunkt.

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