StartKritikenBye, Slayer - Abschiedskonzert in der Mercedes Benz Arena in Berlin

Bye, Slayer – Abschiedskonzert in der Mercedes Benz Arena in Berlin

Slayer (Pressefoto)

Konzert kann man dieses Event eigentlich gar nicht nennen, denn das ist ja schon ein halbes Festival, das hier auf die Bühne gebracht wird. Wacken lässt grüßen: Orbituary, Anthrax und Lamb of God waren nur allzu gerne bereit, Slayer auf ihrer finalen Tournee zu begleiten.

Schon um 17 Uhr kann man eine kleine Invasion von Metalern in der Gegend um die Mercedes Benz-Arena ausmachen – schließlich beginnen Orbituary schon um kurz vor sechs, gefolgt von Anthrax, Lamb of God und wem noch? Natürlich Slayer, Slayer, Slayer!
Kurz nach dem beeindruckenden Headbanging- Spektakel von Lamb of God tönen endlich die obligatorischen „Slayer“-Rufe in allen möglichen Variationen durch die Menge, wenn auch (typisch Berlin), zu Anfang ein wenig unambitioniert. Ich hoffe, dass sich das noch steigert, schließlich hat die Mercedes Benz-Arena ein anständiges Metalkonzert verdient. Wenn man sich die elektrischen Laufschriften in der Halle zu Gemüte führt, sieht man nämlich, wer hier sonst so ein- und ausgeht: Werbung für die Konzerte von unter anderem Maite Kelly, Matthias Reim, Mark Forster und Pur. Ich glaube, sowas nennt man zielgruppenorientiertes Marketing.

Zum Glück wird es zum Konzertbeginn von Slayer wieder schön dunkel, so dass der ganze Wumms zum Start richtig hart zur Geltung kommt- ein aggressiver, aber auch ziemlich faszinierender Anschlag auf Augen und Ohren. Hier wird das ganze Programm geboten mit ordentlicher Pyro, Lichteffekten from hell und der Stimme von Tom Araya, die scheinbar auch nach 25 Jahren Höchstbeanspruchung kaum gelitten hat.

Vielleicht ist das Publikum so paralysiert wie ich, anders kann ich mir nämlich nicht erklären, dass in der ersten Hälfte die Moshpit-Extase nicht so richtig in Gang kommt. Klar ist hier und da ein bisschen Bewegung und auch der eine oder andere Crowdsurfer auszumachen- aber auch wenn ich vorher noch nie auf einem Slayer-Konzert war, bin ich mir sicher, dass da früher mehr Lametta war. Vielleicht ist das Publikum vom Anzünden der ersten Kerze zum Adventssonntag auch einfach noch zu besinnlich – schließlich sind die meisten von ihnen inzwischen in einem Alter, in dem mit den Kindern (oder sogar Enkelkindern) Plätzchen gebacken werden.

Das erklärt andererseits aber vielleicht auch die ausgesprochene Höflichkeit, mit der mir begegnet wird – bei ca. 90% Männeranteil falle ich als Frau (die zudem alleine unterwegs ist und kein Slayer-Shirt trägt) ziemlich auf und erfahre sogar besondere Rücksicht: Selten wurde mir so oft mit einem „Hey, lasst doch mal die Dame durch“ Platz geschaffen – bei 120 dB fühle ich mich richtiggehend geborgen.

Nach 19 Songs und 1 ½ Stunden ist der Ausflug in den Metal-Himmel für die Fans vorbei. „Angel Of Death“, der letzte Song, ist das Finale vom Finale, gewidmet dem verstorbenen Bandmitglied Jeff Hanneman.

Ein paar Minuten stehen die Männer von Slayer noch auf der Bühne, werfen Drumsticks in die Menge und genießen den Applaus. Tom ist derjenige, der am Ende nochmal mit gebrochener Stimme (sind das etwa Tränen?) auf deutsch „Ich werde Euch vermissen“ ins Mikrofon spricht und entschwindet.
Das ist mal ein würdevoller Abgang, anders kann man das nicht sagen. Nochmal alles rauslassen, ein kurzer schmerzhafter Abschied und finito, aus. Bei einer Metal-Legende wie Slayer bedeutet Finale auch Finale – anders als bei den Stones oder Kiss, die dann doch ständig wieder auf der Matte stehen.

Deshalb folgen hier auch keine „Zugabe“- und „Slayer“-Rufe mehr und es geht für alle halbwegs friedlich in die Vorhalle, in der der C-Klasse-Mercedes gleichzeitig promotet und hermetisch bewacht wird (hier lobe ich wiederholt das zielgruppenorientierte Marketing).

Gitarrist Gary Holt machte sich übrigens direkt nach dem Berlin-Konzert auf den Weg nach Hause in die USA, um seinem sterbenden Vater beizustehen. Ersetzt wird er für die nächsten Konzerte von Phil Demmel (Machine Head).

Nora
Nora
Aus Braunschweig, seit 14 Jahren in Berlin. Am Ende immer wieder bei Musik gelandet.

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