
Seit über zehn Jahren war Spotify mein ständiger Begleiter. Als Musikblogger, Vinylsammler und Konzertgänger habe ich unzählige Stunden mit der Plattform verbracht. Playlists kuratiert, neue Bands entdeckt, auf langen Bahnfahrten in Kataloge abgetaucht – Spotify war praktisch Synonym für Streaming. Doch jetzt habe ich endlich den Schritt gewagt und bin zu Apple Music gewechselt.
Der Auslöser: wieder einmal höhere Preise
Das Familienabo bei Spotify war für mich und meine Familie bislang die bequemste Lösung. Doch die angekündigte Preiserhöhung (von 17,99 € auf 21,99 € pro Monat) war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Streaming ist für mich unverzichtbar – trotzdem summieren sich die Kosten, wenn auch noch Konzerte, Vinyl und Merchandise hinzukommen. Apple Music ist aktuell schlicht das attraktivere Angebot. Das Familien-Abo kostet dort noch 16,99 € (Studenten zahlen 6 Euro, Einzelpersonen 11 Euro im Monat).
Aber natürlich gibt es neben den Kosten viele weitere Gründe, Spotify zu verlassen.
Fairere Bezahlung pro Stream
Apple Music zahlt Künstler:innen ca. 1 Cent pro Stream – damit etwa doppelt bis dreimal so viel wie Spotify mit $0,003–$0,005. Das allein sollte bereits Grund genug sein!
- Laut Duetti-Bericht (2024): Apple Music erzielt pro 1.000 Streams etwa $6,20, Spotify nur rund $3,00.
- Rechnerisch bedeutet das für 1 Mio. Streams: Apple ~ $10.000, Spotify meist nur $3.000–$5.000.
- Hypebot hebt hervor, dass allein die Tonträger-Rechte bei Apple Music 91 % mehr abwerfen, als bei Spotify.
Das liegt auch am sogenannten Pro-Rata-Modell, das fast alle großen Streamingdienste (Spotify, Apple, Amazon, YouTube Music) nutzen. Dabei werden die gesamten Einnahmen eines Monats gesammelt und anteilig nach Gesamtstreamzahlen verteilt. Problem: Die Einnahmen landen vor allem bei den Superstars mit den meisten Streams. Wer ein Nischenpublikum hat, wird benachteiligt – auch wenn Fans nur ihn oder sie hören.
Eine Alternative ist das User-Centric Payment System (UCPS), bei dem dein Abo-Beitrag ausschließlich an die Künstler:innen geht, die man tatsächlich hörst. Dieses fairere Modell wird bisher kaum eingesetzt. Deezer hat es 2023 in Frankreich in Zusammenarbeit mit Universal und Warner eingeführt, Tidal hat zeitweise experimentiert. Die Großen wie Spotify oder Apple setzen aber weiterhin auf Pro-Rata.
Trotzdem: Unter den großen Plattformen zahlt Apple Music Künstlern überdurchschnittlich viel pro Stream. Am unteren Ende liegen Spotify und YouTube Music.
Auch wenn Streaming weiterhin insgesamt enttäuschend vergütet, zahlt Apple pro Stream klar mehr als Spotify. Das ist kein Allheilmittel – aber ein kleines Signal in Richtung Künstler:innen-Ehrlichkeit.
Daniel Ek, Rüstungsinvestitionen und Künstlerprotest
Spotify-CEO Daniel Ek investiert privat über seine Firma Prima Materia massiv im Verteidigungsbereich – zuletzt ganze €600 Millionen in das deutsche Rüstungs-AI-Startup Helsing mit Drohnen, autonomen Jets und U-Booten. Darauf hin entfernten Bands wie King Gizzard & the Lizard Wizard, Xiu Xiu und Deerhoof ihr Musik-Repertoire als Protest.
KI und die Entwertung der Musik
Ein weiteres Problemfeld: KI-generierte Musik. Schon 2023 tauchten zehntausende automatisiert erstellte Tracks auf Spotify auf – viele davon von Plattformen wie Boomy. Diese Songs wurden nicht selten in sogenannten Stream-Farmen genutzt, um künstlich Abrufe zu erzeugen und Tantiemen abzugreifen. Das Ergebnis: Noch weniger Geld landet bei echten Künstler:innen.
Spotify hat zwar einen Teil dieser Fake-Tracks gelöscht und betont, dass KI als Werkzeug verstanden werden könne, solange kein Missbrauch vorliegt. Doch das Grundproblem bleibt: Solange das Pro-Rata-Modell gilt, schadet jeder KI-Track allen Musiker:innen, die ehrliche Streams generieren. Kritiker:innen fordern daher, KI-Musik klar zu kennzeichnen oder von der regulären Ausschüttung auszunehmen. Andernfalls droht eine Entwertung menschlicher Kreativität – und ein weiterer Rückschlag für viele Künstler:innen, die ohnehin schon ums Überleben kämpfen.
Integration in meine iOS-Welt
Als iOS-Nutzer genieße ich nahtlose Integration: Musik-App, Siri, CarPlay, Apple Watch – Apple Music fühlt sich wie ein natürlicher Teil meines Handys an. Spotify bleibt als separate App spürbar.
Besserer Sound
Apple Music bietet Lossless- und Hi-Res-Optionen ohne Aufpreis. Für jemanden, der gerne Wert auf guten Klang legt, ist das ein starkes Argument. Auch im Katalog gibt es keine Lücken. Sonos unterstützt übrigens das verlustfreie Audio von Apple Music. Das klingt zunächst toll, aber ob ich wirklich einen Unterschied über Kopfhörer oder über meine Sonos-Lautsprecher höre, muss ich noch testen. Ein Update hierzu folgt.
Update: Exklusive Inhalte
Ganz aus dem Blick geraten war mir, wie viele exklusive musikalische Inhalte Apple Music tatsächlich bietet. Was macht Apple Music exklusiv?
- High-End DJ-Sets & Live-Performances aus Clubs und Festivals, oft in räumlichem Klangformat.
- Kuratoren-Specials und Mix-Serien, die es so nur bei Apple gibt (One Mix, Early Hours, Beats in Space).
- Lounges & Club-Kurationen wie Apple Music Club, mit exklusiv zusammengestellten Sets.
- Track-by-Track Dokumentation, was die Nutzung und Entdeckung einzelner Songs innerhalb von Sets erleichtert.
Drei Beispiele dafür:
- Fred Again..s legendäre Boiler Room Session findet ihr bei Apple Music neben 200 weiteren Boiler Room-Sets.
- Jamie xx hat für Apple Music Sets seines Pop-up-Clubs The Floor in London zur Verfügung gestellt — Mitschnitte, die sonst nirgendwo zu hören sind.
- Ein aktuelles Beispiel: Four Tets Set beim Living in a Bottle Festival 2025 findet ihr auch bei Apple Music.
Keine Feature-Nachteile
Manche – wie meine Kinder – meinen, Apple Music biete nicht dieselben Features wie Spotify und haben deswegen regelrecht Panik vor dem Wechsel. Ich sehe das anders.
- Gemeinsam Musik hören und steuern – Anstelle von Jam bietet Apple SharePlay. Auch CarPlay unterstützt dieses Feature und macht in meinem Fall lange Autofahrten mit Kids angenehmer.
- Podcasts sind bei Apple sauber getrennt – Musik bleibt in der Musik-App, Podcasts hören sich separat in der Podcasts-App. Die Zeit der exklusiven Spotify-Podcasts ist auch vorbei. Podcasts wie Fest & Flauschig oder Gemischtes Hack laufen inzwischen überall. Neue Folgen und das komplette Archiv sind nun auf allen gängigen Podcast-Plattformen verfügbar. Gemischtes Hack bleibt enger an Spotify gebunden, da die Video-Version exklusiv auf Spotify bleibt. Die Video-Version interessiert mich jedoch nicht. Podcasts möchte ich hören und nicht sehen. Will ich lange Videos sehen, gehe ich zu YouTube.
- AI-Playlists? Apple setzt mehr auf kuratierten Content statt rein algorithmischer Vorschläge – für mich authentischer und inspirierender.
- Jahresrückblicke & Trends – Anstelle von Wrapped bietet Apple Music Replay. Replay hat zwar nicht das große virale Potential wie Wrapped aber ist ein stilvoller Jahresrückblick.
- Release Radar – Der Release Radar von Spotify heißt bei Apple Music Neue Musik-Mix. Dieser Mix wird auch wird jeden Freitag aktualisiert und enthält neue Songs, die zu meinem Hörverhalten passen – also sehr ähnlich zum Release Radar bei Spotify.
Playlists lassen sich unkompliziert übertragen
Playlists sind Kundenbindung. Die Sorge, meine mehr oder weniger sorgfältig gepflegten Playlists zu verlieren, war unbegründet: Dienste wie SongShift, Soundiiz oder FreeYourMusic erleichtern den Umzug von Spotify zu Apple Music.
Damit ich bzw. wir alle Playlisten, Favoriten und gelikte Playlisten übertragen können ist bei allen Diensten ein kostenpflichtiger Account zumindest kurzzeitig nötig. Von den drei genannten Diensten gefällt mir Stand heute FreeYourMusic mit seiner App für den Mac (für Windows, Linux, iOS und Android bietet der Dienst ebenso eine App) am besten. Für den Premium Account sind 14,99 € pro Quartal (rd. 5,00 € im Monat also) fällig. In dieser Zeit sollte der Umzug erledigt sein. Update folgt.
Update 1: Einen komplett kostenlosen Service zum Umziehen/Konvertieren von Playlisten von Spotify zu Apple Music oder andersherum bietet playlistor.io. Einfach Playlist-URL eingeben, in den Ziel-Dienst einloggen und fertig.
Update 2: Mit der Unterstützung von SongShift bietet Apple inzwischen einen eigenen und in iOS integrierten Service an, mit der ihr Musik von anderen Musikdiensten hin zu Apple Musik übertragen könnt. Das ist denkbar einfach. Doch nicht nur im iPhone oder iPad sonder auch im Browser (Web) bietet Apple den Service an. Wie einfach es geht, steht hier beschrieben.
Fazit
Apple Music ist für mich als Musikblogger, Vinylsammler und Konzertgänger nicht nur naheliegender – sondern auch ethisch, klanglich und funktional die bessere Wahl. Streaming ist Teil meiner Musikleidenschaft – Apple Music unterstützt sie stärker. Ich bin frisch gewechselt und noch ist der Prozess nicht zu 100% vollzogen. Hier und da gibt es noch etwas einzurichten, zu lernen und noch läuft der Spotify Account weiter, denn der Rest der Familie wird erst später wechseln.
Hinweis: Dieser Artikel wird fortlaufend aktualisiert und um meine Erfahrungen mit Apple Music ergänzt.