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The Body & Full Of Hell – One Day You Will Ache Like I Ache (Kritik)

„Batman v. Superman“ wird derzeit in der weltweiten Presse so genüsslich zerpflückt, als hätte man nicht schon vorher absehen können, dass das Aufeinandertreffen zweier derart ikonischer Figuren nur in einer maßlosen Materialschlacht enden kann – zumindest, wenn man es in die Hände des Regie-Extremisten Zack Snyder legt. Wo zwei große Namen zusammenkommen, da müssen immer auch Späne fallen; dass dies ebenso im Bereich der Musik gilt, stellt die Kollision der beiden amerikanischen Extreme-Metal-Bands Full Of Hell und The Body unter Beweis.

Beide sind in den vergangenen Jahren durch kollaborative Projekte aufgefallen (Full Of Hell mit dem japanischen Noise-Spezialisten Merzbow, The Body unter anderem mit Thou und Krieg), es war also eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis sich ihre Umlaufbahnen kreuzen. Das Knifflige an solchen Alben ist ja nun aber meist weniger das Zusammenkommen, als die Abmischung der einzelnen Komponenten – wenn es doof läuft, nivellieren sich zwei interessante Ansätze nämlich schnell, hier also einerseits Full Of Hells brachialer Grindcore und andererseits The Bodys schleichende Doom/Drone/Sludge-Variationen.

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„One Day You Will Ache Like I Ache“ umgeht diese Problematik durch maximalen Nihilismus: Beide Parteien begegnen sich in Sachen Experimentierwut auf Augenhöhe, stacheln sich zu einer überzogenen Schandtat nach der anderen an und verdichten ihre konträren Auffassungen von extremem Tempo zu einem 32-minütigen Alptraum. Die Kategorie Zeit wird dabei kurzerhand ausgehebelt; bereits der eröffende Titeltrack mit dem asozial-prügelnden Schlagzeug, den bis zur Unkenntlichkeit verzerrten Saiteninstrumenten und dem gequälten Gequieke missachtet gängige Songkategorien konsequent und sorgt mit seinen scheinbar gegenläufigen Bestandteilen für maximale Desorientierung.

Das schlaucht so sehr, dass das im Grunde ebenfalls nervenzehrende, elektronisch zerfrickelte Pseudo-Ambient Stück „Fleshworks“ im Anschluss fast schon als Ruhepause durchgeht, mitsamt seines zynisch-schönen, weiblichen Gesangs. Was hier jedoch angenehm auffällt: Die Bestandteile können nur grob einer der beiden Bands zugeordnet werden, es gelingt hier tatsächlich eine rücksichtslos-egalitäre Verschmelzung beider Kollaborateure, mit dem Ziel, die Androhung des Albumtitels wahr werden zu lassen. Jeder Fetzen Musik möchte dem Hörer möglichst physische Schmerzen zufügen, kommt ihm unangenehm nahe, bis zum abschließenden „The Little Death“, das von blinder Raserei über lädierten Industrial bis zu bedrohlichem Noise-Grollen noch mal alle Schattierungen der Platte durchexerziert.

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Es ist natürlich nicht alles undefinierter Matsch vorher, bisweilen packen Full Of Hell und The Body den Hörer auch mal am Kragen und verpassen ihm eine kompakte Grindcore-Schelle wie im 40-sekündigen „World Of Hope And No Pain“. Aber es bereitet ihnen ebenso viel Freude, ein eigentlich durchaus hörbares, harmonisches Lied wie Leonard Cohens „The Butcher“ zu nehmen und so lange in schleifendem Feedback zu ertränken, bis sein Kern nur noch mit einiger Fantasie zu erkennen ist.

An gängigen Kategorien hat „One Day You Will Ache Like I Ache“ offensichtlich kein Interesse, hat keine Songs mehr im Sinn, sondern lässt seine Tracks einfach zäh zusammenlaufen. So klebt am Rücken von „The Butcher“ der vollkommen zerschossene Sludge-Kriecher „Gehorwilt“, und man muss schon das Abspielgerät im Blick haben um zu erkennen, dass es sich hier nicht um ein einziges, wirklich langes Lied handelt. Doch genau so muss das eben klingen, wenn zwei derart berüchtigte Bands zusammenstoßen, ungeachtet dessen, ob das für den Zuhörer angenehm ist oder nicht. Es trifft hier zum Glück viel eher die These zu, die einst im Rahmen eines anderen Franchise-Aufeinandertreffens aufgestellt wurde: Egal wer gewinnt, wir verlieren.

7,7/10

„One Day You Will Ache Like I Ache“ erscheint am 25.03. via Neurot Recordings auf Platte, CD und digital. Zudem gibt es – zumindest im Stream – eine Bonus-Edition mit den beiden nicht weniger ungemütlichen Stücken „Cain“ und „Abel“.

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Sebastian
Sebastian
Aus Saarbrücken, in Münster, immer auf Testspiel, manchmal auch hier: http://mordopolus.tumblr.com/

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