StartInterviewsLe Magnetophone (Exklusiv Download + Interview)

Le Magnetophone (Exklusiv Download + Interview)

Ein Freund erzählte mir, von dieser tollen, neuen Band. Er sagte, sie mache deutschen Singer-Songwriter und das auch noch mit intelligenten Texten! Wie oft hatte ich das schon gehört? Und wie oft wurde ich schon enttäuscht? Dann schlug er vor, gemeinsam zu einem Konzert der Band zu gehen und weil ich den Musikgeschmack jenes Freundes vertraue und weil mich der Name Le Magnetophone (sprich: Le Mann-Jetto-Fonn) neugierig machte, ging ich mit.

Was ich da zu hören bekam, war tatsächlich sehr erfrischend. Allürenlos und mit sympathischen Ansagen bespielte man einen kleinen Hinterhof im Spätsommer. Mindestens die Hälfte der Zuschauer bestand aus Freunden und Verwandten der Band, also eine Konstellation, die den Musikern in die Karten spielte.
Doch würden sie auch mit widrigen Umständen zurecht kommen? Mein Freund schleppte mich noch zu mindestens zwei weiteren Konzerten mit und tatsächlich, egal ob Hinterhof, Kneipe oder große Bühne,
Le Magnetophone wussten jedes Mal zu begeistern.

Testspiel.de hat nun die Ehre den Song „Steingarten“ exklusiv zum Download anzubieten. Außerdem stellten sich David (Gesang), Jonas (Gitarre, Banjo) und Leonie (Background Vocals, Samples) unseren Fragen.

Interview

Le Magnetophone startete als Ein-Mann-Projekt. Bei den Aufnahmen zum Album ward ihr dann schon zu zweit und mittlerweile seid ihr zu siebt! Wirst du schnell einsam?
David: Ich hoffe nicht!  Viele Songs auf der Platte resultieren aber aus einer Phase meines Lebens in der ich mich so gefühlt habe. Ich freue mich in jeder Probe darüber, dass meine Freunde mit mir Musik machen. Außerdem wird aus den Songs vom Album durch die Band etwas anderes. Es entsteht etwas, das größer ist als eine Platte.

Nun stellt einen eine so große Band doch sicherlich vor neue Herausforderungen. Wie entstehen jetzt neue Songs?
David: Mittlerweile läuft es so, dass ich zumindest einen Text habe und ein paar Chords und dann blasen wir das alle gemeinsam auf, was viel schöner, runder und organischer ist. Aber Leonie schreibt auch.
Leonie: Das ist auch schöner für uns, wenn wir gemeinsam die Songs schreiben. Es sind dann auch wirklich unsere Songs.

Ein Magnetophone ist doch eins dieser Tonbandgeräte, die man früher als Koffer durch die Gegend tragen konnte. Seid ihr die klobige Analogantwort auf die Modernisierung der Musikindustrie?
David: Ich denke nicht, dass wir in irgendeinerweise als Anachronismus gelten können. Wir versperren uns Technik und New School nie. Wir benutzen live auch Samples und sind alle sehr technikaffin. Das Wort Magnetophone hat zumindest Jonas und mich in unserer Schulzeit begleitet.
Jonas: Genauso wie der Künstler Luc Tonnerre.
David: Der kam, wie das Magnetophone in unserem Schulbuch „Etudes Francais“ vor. Das Ding war so affenuncool dass im Zeitalter der CDs noch Kassettenrecorder drin vorkamen.
Für mich war wichtig, dass alles offen, aber persönlich ist. Bandbesetzung und vor allem Songinhalte. Mich hat zum Zeitpunkt der Gründung vieles an deutschsprachiger Musik genervt. Das eine war mir zu poppig und kitschig, zu Silbermond. Das andere zu intelktuell und distanziert. Irgendwie zu bildungsbürgerlich arrogant.
Ich wollte gesungene Mucke auf deutsch machen, die Rap ähnliche Punshlines zulässt ohne abgehoben oder billig zu wirken. Einen Song über den Tod schreiben zu können ohne dass jeder gleich die Mundharmonika hört oder Charles Bronson vor sich sieht.

Während die anderen Bandmitglieder von eher ländlicheren Gegenden in die Stadt gezogen sind, war es bei Dir umgekehrt, David.
David: Mich hat das textlich sehr beschäftigt. „Steingarten“ handelt vom Häuserkaufen und der Möglichkeit seinen Besitz zu customizen wie Müsli.
Andererseits ist der erste Vers unseres Songs „Cornflakes“ stilistisch an „Nachtcafé“ von Gottfried Benn angelehnt. Da gibt es eine Szene in einem Café in der Stadt in dem sich die Hipster sauwichtig nehmen. In der zweiten Strophe geht es um den eher ländlich-spießigen Typ der Pauschalreisen bevorzugt.
In „Kakteen“ reden wir über ein Familienfest auf dem Land, wie es jeder kennt, mit tausend Kuchen und Schwenkern [Anm. der Redaktion: Ein saarländisches Phänomen]. In der zweiten Strophe stellen wir fest, dass die Leute in der Stadtwohnung gar nicht so viel unspießiger sind.
Auf manchde Texte wäre ich niemals gekommen, wenn ich noch in der Stadt leben würde.

Du bist verheiratet und hast eine 3-jährige Tochter.
David: Mein Lebensentwurf passt in vielerlei Hinsicht nicht zu dem, was man im Allgemeinen von jemandem der dreißig ist und noch auf dem Selbstverwirklichungstrip durch Musik ist, erwarten würde. Ich besitze zum Beispiel ein Haus und bin Mitglied im Dorfkulturverein Ormesheim. Sogar im Vorstand!
Leonie: Das wusste ich ja gar nicht.
David: Das Leben verändert sich durch ein Kind. Es wir nicht schlechter sondern anders. Und manchmal macht einem die Verantwotung Angst. Aber auch das ist ein gutes Thema für einen Song.

Das Album „Ne marche plus“ zu deutsche „Nichts funktioniert mehr“ wurde im Wohnzimmer aufgenommen. Wie geht es weiter?
Leonie: Schreiben, schreiben, schreiben. Komponieren, komponieren, komponieren.
David: Wir planen ein EP-Release im Herbst 2015 und gründen gerade unser eigenes Label. Wir machen dann alles selbst vom Recording bis zum Mastering.
Das Schreiben ist im Moment aber unser Hauptfokus. Außerdem planen wir eine zweite Geige einzuarbeiten um eine kleine Stringsection zu haben. Dann wären wir acht. Eine gute Zahl.

Merci für das Gespräch!

„Steingarten“ Stream und Download

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Le Magnetophone auf Tour

26.12. Baker Street, Saarbrücken

Jonathan
Jonathan
Geboren 1988 in Ulm, lebt und arbeitet Jonathan Tyrannosaurus Kunz in Saarbrücken und leitet Kurse an der Hochschule der Bildenden Künste Saar. Er mag traurige Musik aus den Neunzigern und ist der beste Tischtennisspieler, den er kennt.

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