StartFilm & TVPride Month 2025: Queerfeindlichkeit verkleidet als Kinderschutz (ZDF Magazin Royale)

Pride Month 2025: Queerfeindlichkeit verkleidet als Kinderschutz (ZDF Magazin Royale)

Deutschland liebt es, stolz zu sein. Klar, dass auch der Pride Month wieder groß gefeiert wird – mit CSD-Paraden, Regenbogenflaggen und bunten Insta-Stories. Denn zum Glück haben wir Diskriminierung gegen queere Menschen längst überwunden, oder?

Nicht ganz. Während auf der einen Straßenseite getanzt wird, stehen auf der anderen schwarz-rot-goldene Nationalisten, die den Hitlergruß zeigen. Gleichzeitig sorgt ein queerer Gastauftritt in einer Kindersendung für einen Shitstorm – und die Zahl der Straftaten gegen queere Menschen steigt von Jahr zu Jahr. Klingt nicht gerade nach „It’s okay to be gay“.

Der Kontrast könnte kaum schärfer sein: Die eine Seite feiert Vielfalt, die andere hetzt im Netz, auf der Straße und mittlerweile auch wieder in den Parlamenten. Und das nicht nur in Deutschland. In Ungarn darf der Staat künftig Pride-Paraden verbieten. In Großbritannien spricht das höchste Gericht trans Frauen grundlegende Rechte ab. Und hierzulande will die AfD die Sexualaufklärung in Kitas gleich ganz abschaffen, weil sie der Überzeugung ist, dass Kinder im Vorschulalter „überfordert“ würden und dass Sexualerziehung ausschließlich Sache der Eltern sein solle. Dahinter steckt ein konservatives bis reaktionäres Weltbild, das queere Lebensrealitäten weitgehend ausblendet oder ablehnt. Die Partei spricht in diesem Zusammenhang oft von einer angeblichen „Frühsexualisierung“ und stellt gängige pädagogische Konzepte bewusst verzerrt dar – obwohl seriöse Fachverbände betonen, dass altersgerechte Sexualerziehung nicht mit expliziten Inhalten arbeitet, sondern z. B. Fragen nach Körperwahrnehmung, Gefühlen oder Grenzen thematisiert.

Was die AfD stört, ist also nicht, dass Kinder etwas lernen, sondern was sie lernen – etwa, dass es mehr als nur Mama-Papa-Kind gibt, dass Diversität normal ist und dass man über Gefühle, Identitäten und Körper offen sprechen kann. All das steht dem autoritären, binären Familienbild der Partei entgegen.

Und natürlich wird kein Kind queer, nur weil es etwas über queere Identitäten lernt. Das ist ein grundlegender Irrglaube – oder besser gesagt: ein gezielt gestreuter Mythos, vor allem von rechten, konservativen und queerfeindlichen Akteur*innen. Die Idee dahinter ist, dass allein durch Aufklärung oder Sichtbarkeit queere Identitäten „vermittelt“, „verführt“ oder „anerzogen“ würden. Aber das ist schlicht falsch.

Was tatsächlich passiert, wenn Kinder über Queerness lernen:

  • Sie lernen, dass Vielfalt normal ist.
    Dass es nicht nur Mama und Papa gibt, sondern auch zwei Mamas, zwei Papas, trans Menschen, nicht-binäre Menschen usw.
  • Sie entwickeln ein gesundes Verhältnis zu sich selbst und anderen.
    Kinder bekommen Begriffe, um ihre eigenen Gefühle oder die ihrer Mitmenschen besser einzuordnen – ohne Scham, ohne Angst.
  • Sie lernen, dass Respekt und Selbstbestimmung wichtig sind.
    Und dass niemand ausgegrenzt gehört, nur weil er*sie anders lebt oder liebt.

Was nicht passiert:

  • Niemand „wird“ schwul, lesbisch, trans oder nicht-binär, nur weil er*sie davon hört.
  • Niemand wird „frühsexualisiert“, wenn in altersgerechter Sprache über Vielfalt gesprochen wird.
  • Und niemand wird „verwirrt“, nur weil ihm*ihr die Welt nicht nur in rosa und blau erklärt wird.

Queere Menschen gab es schon immer – nur nicht immer mit der Möglichkeit, sichtbar und sicher zu leben. Was heute wie „mehr“ wirkt, ist in Wahrheit: weniger Angst, mehr Mut, mehr Sprache. Und das ist keine Mode, sondern Fortschritt.

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