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„Das macht das ganze zu einem unkontrollierbaren Feuerwehrschlauch“ – im Interview mit Billy Howerdel

Während es in Deutschland mit 19:30h schon in Richtung der waagerechten Tagesausrichtung geht – nein, nicht das was ihr denkt, ihr Ferkel! – ist es in Baltimore, auf der anderen Seite der Welt und der Telefonleitung, halb Zwei. Billy Howerdel, Gründungsmitglied und musikalischer Mastermind hinter A Perfect Circle und Ashes Divide hat sich ein wenig Zeit für mich und meine Fragen genommen.

Für den Abend steht eine Show mit A Perfect Circle an, von Anspannung ist bei ihm kein Stück zu spüren – klar, er ist ein Profi. Dennoch hat sich die Band, für die Tour zum diesjährigen Album „Eat The Elephant“, nach 14 Jahren das erste Mal wieder so richtig zusammengefunden hat.

Billy, wie geht’s dir? Freust du dich auf heute Abend?

Mir geht’s super! Ich freue mich schon auf die Show und das Spielen – ich liebe alles, was mit Konzerten zu tun hat!

Ihr seid gerade mit „Eat The Elephant“ auf Tour. Zwischen der Platte und eurem letzten Album „eMOTIVe“ liegen schmale 14 Jahre – was waren deine Gedanken, als Du nach der Pause angefangen hast, für ein neues A Perfect Circle Album Musik zu schreiben?

Über die 14 Jahre hatten sich ja schon viele Ideen bei mir angesammelt. Im Fall von „Eat The Elephant“ war eher die Auswahl das, was mich beschäftigt hat. Was passt zusammen und was nicht. Ich meine einige der Song-Ideen waren schon über 10 Jahre alt. Nach meiner Vorauswahl kam dann Maynard (James Keenan) ins Spiel und es ist immer interessant zu sehen, was er aus den Ideen macht und welchen Input er mitbringt.

Soweit ich weiß, sind einige Ideen auf dem Album bei deiner Arbeit am Soundtrack für den Film D-Love entstanden, wurden dann aber nicht für den Soundtrack genutzt. Wie kam es dazu, dass Du diese Parts dann quasi recycelt hast?

Es sind vor allem kleine Parts und Ideen auf dem Album gelandet, die eigentlich mal für den Soundtrack bestimmt waren. Die Herangehensweise an ein solches Projekt, wie in dem Fall der Soundtrack, ist eine ganz andere. Das musste ich auch erstmal lernen. Aber „The Doomed“ ist dafür ein gutes Beispiel. Der Song war eigentlich für den Soundtrack gedacht bzw. ein Teil des Songs. Er war damals noch lange nicht fertig, eher ein Snippet. Das habe ich dann allerdings Maynard gezeigt – nicht direkt als Song, sondern vielmehr als grobe Idee, aus der man etwas machen könnte. Er mochte es dann aber direkt und meinte, dass er sich sehr gut vorstellen könnte darauf zu singen. Also habe ich sein Feedback genommen und damit den fertigen Song komponiert. Das ging dann verhältnismäßig schnell. Sowas ist aber natürlich auch das Best-Case-Szenario.

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Während meiner erweiterten Recherche für das Interview, ist mir aufgefallen, dass du Bühnen-Musiker für Abandoned Pools warst. Ich muss gestehen, dass sie für mich eine der einflussreichsten Bands in meiner Teenagerzeit waren. Wie ist es damals dazu gekommen?

Als ich Tommy (Walter, Kopf hinter Abandoned Pools) kennenlernte, arbeitete er gerade mit Yoshiki von X Japan zusammen. Ein Freund von mir arbeitete wiederum zu der Zeit bei dem Label und stellte uns dann vor. Ich mochte sein Material, handwerklich sehr gute Musik. Irgendwann fragte er mich, ob ich nicht Lust hätte mal mit der Band zu spielen. Tatsächlich war das dass erste und einzige Mal, dass ich nicht in einer meiner eigenen Bands gespielt habe. Mit Tommy würde ich das aber auch immer wieder tun, leider ist die Band ja nur nicht mehr so wirklich existent.

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Ja, sehr schade! Bei A Perfect Circle wusste man aber allerdings auch lange Zeit nicht, ob es weitergeht oder nicht. In dieser Zeit hat Maynard etwas in einem Interview mit dem Revolver gesagt, dass ich nach wie vor relevant finde: Eines der größten Probleme ein Teil von Tool und A Perfect Circle zu sein sei, dass beide Bands an ziemliche „Oldschool-Verträge“ bei Labels gebunden waren. „Eat The Elephant“ erschien auf BMG, anstatt wie die Alben bisher bei Virgin, wie kam es dazu?

Das ging hauptsächlich von Maynard aus. Für mich ist es bei einem Label so, dass ich mir in erster Linie einen Partner wünsche und ich denke BMG hat da einen sehr guten Job gemacht. Es sehr viel Spaß gebracht mit ihnen zu arbeiten. Gleichzeitig nimmt einem ein Label den ganzen finanziellen Part und den Rattenschwanz ab, den das Releasen von Musik mit sich bringt. Das ist natürlich auch eine angenehme Sache.

Momentan gibt’s ja bei vielen Musikern einen Hand zur Labellosigkeit und immer mehr Interpreten wählen den Weg alles selbst zu machen, wie siehst Du diese Entwicklung?

Ich denke gerade für kleine Bands, also wirklich die, die gerade starten, ist es sinnvoll auf ein Label zu verzichten. Heute gibt es so viele Möglichkeiten auf sich aufmerksam zu machen, auf der anderen Seite ist das aber auch der schwere Part. Das macht das ganze zu einem unkontrollierbaren Feuerwehrschlauch, der zu allen Seiten um sich schlagen kann. Aber es ist natürlich auch sehr befriedigend ein Album in Eigenregie auf zu nehmen und damit dann auf eigene Faust auf Tour zu gehen. Für mich ist das allerdings nichts mehr, ich habe lieber meinen festen Partner an meiner Seite.

Dein Partner in Sachen „A Perfect Circle“-Songs ist natürlich Maynard – wie läuft der Schreibe-Prozess der Songs bei euch ab?

Der Prozess hat sich über die Zeit sehr verändert! Am Anfang hatte er da noch viel mehr das Zepter in der Hand. Er ist unglaublich, wenn es darum geht die Puzzleteile für einen Song zusammenzusetzen. Er schafft es einfach, Rhythmen mit Melodien und Lyrics zu vereinen, dass es den Fokus des Hörers komplett in den Bann zieht. Diese Fähigkeit zeigt sich vor allem auf unserem ersten Album (Mer de Noms). Das zweite Album (Thirteenth Step) haben wir dann schon gleichberechtigter erarbeitet, wobei er immer noch ein wenig mehr Einfluss hatte. Bei diesem Album (Eat The Elephant) hatte ich schon einen Großteil der Musik bevor wir in die Abstimmung gingen. Wir haben dann zusammen jeweils die Essenz des Songs destilliert.

Die Arbeit an dem schon angesprochenen Soundtrack hat mir sehr geholfen meine Arbeitsweise zu reflektieren. Wie ich an das Musikmachen herangehe und welche Emotionen die Songs am Ende beim Hörer erzeugen soll.

Wenn ich mit Maynard zusammenarbeite setze ich mich ab einem gewissen Punkt auf den Rücksitz, schraube mein Ego zurück und gucke mir an, wohin er mit dem Song will.

Nachdem du jetzt einen Soundtrack komponiert hast: Ist das etwas, was Du in Zukunft weiter vertiefen möchtest bzw. was ist dein nächstes Projekt?

In erster Linie hat es Spaß gemacht (den Soundtrack zu komponieren), es ist aber natürlich auch sehr befriedigend ein Album aufzunehmen und es ist am Ende exakt das, was Du dir vorgestellt hast. Es war sehr viel harte Arbeit diesen Soundtrack zu produzieren und ich hatte die meisten Zeit das Gefühl unter sehr hohem Zeitdruck zu stehen, trotzdem hatte es auch etwas sehr Befriedigendes. Ich denke immer während der aktuellen Projekte weiter, nächstes Jahr kommt neues Ashes (Divide) Material, mit dem ich dann auch gerne auf Tour gehen möchte. Und vielleicht mache ich danach wieder einen Soundtrack, ich meine warum nicht?

Jetzt hast du mir die perfekte Überleitung schon fast vorweggenommen: A Perfect Circle ist eine Supergroup. Maynard liegt in den letzten Zügen des neuen Tool-Materials und James (Iha) ist mit den Smashing Pumpkins wieder kräftig im Geschäft – jetzt wäre also der perfekte Zeitpunkt für neues Ashes Divide Material und scheinbar kommt es – kannst Du mir mehr Infos geben?

Ja, es kommt. Definitiv. Ich habe gerade mit meinem Manager über die Tour gesprochen, weil ich gerne als erstes nach Europa wollen würde, um dort neues Material zu testen. Also ja, nächstes Jahr plane ich mit einem neuen Album und einer Tour.

Fantastisch – das sind ja großartige Nachrichten! Wenn wir schon vom Touren sprechen: Früher warst Du ein ziemlich gefragter Gitarrentechniker für etliche namhafte Bands. Mittlerweile hast Du selbst einen – wie war der Moment, als Du realisiert hast, dass Du jetzt auf der anderen Seite stehst?

Als mir das klar geworden ist, war ich vor allem ziemlich nervös: Werde ich der einfachste oder der schlimmste Typ der Welt für eine Zusammenarbeit sein? Ich habe beide Seiten gesehen und wollte auch nicht zu viel von jemanden erwarten, der nicht ich ist. Am Ende hat’s aber gut funktioniert.

Hast du einen Part, vom Schreiben bis zum Live-Auftritt mit dem Song, den du besonders magst?

Ich mag das Touren sehr gerne, allerdings gibt’s ohne das Aufnehmen auch kein Touren (lacht). Auf Tour zu gehen ist immer eine Herausforderung. Man muss vor allem gucken, dass man nicht krank wird, weil das ist mit Abstand das Schlimmste, was einem passieren kann. Also wie gesagt – es startet alles mit dem Aufnehmen, aber Touren ist das, was mir am meisten Spaß bringt.

Mit dem Erfolg von A Perfect Circle sind natürlich die Bühnen immer größer geworden, auf denen ihr spielt. Vermisst Du manchmal die kleinen Clubs, in denen es von der Decke tropft?

(lacht) Naja, in Europa spielen wir tatsächlich kleinere Shows, als in Amerika. Aber ich verstehe schon was du meinst und ja, das hat schon oftmals etwas Besonderes, etwas Anderes.

Eine letzte Frage: Was bedeutet A Perfect Circle nach all den Jahren für dich?

Erstmal bin ich sehr, sehr glücklich meine Musik so schreiben zu können, wie ich es kann. Mit Maynard zusammen zu arbeiten ist einfach wunderbar, dieses kreative Hin und Her. Wie schon erwähnt, er ist einfach der musikalische Puzzle-Meister und das macht es einfach sehr einzigartig.

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A Perfect Circle sind auch für zwei Termine hier in Deutschland (und einen in Österreich).

10.12.2018 – Köln – Palladium
13.12.2018 – Hamburg – Sporthalle Hamburg
16.12.2018 – Wien – Wiener Stadthalle

Tim
Tim
Manchmal etwas zu viel von Rob Gordon, manchmal zu wenig. Hamburger durch und durch.

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