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Album der Woche: Esben And The Witch – Older Terrors (Kritik)

Übrigens: Der Wald ist ja auch so eine endlose Quelle des Schreckens, wie wir sie in der vergangenen Woche an dieser Stelle gelistet haben. Von alten Volkssagen über (schwarz-)romantische Abbildungen bis hin zu zeitgenössischen Gruselfilmen, immer wieder dient er als Heimat von Schrecken, die die Zivilisation bedrohen und den modernen, aufgeklärten Menschen brechen wollen. Vor fünf Jahren, als der am Irrationalen interessierte Witch House Hype so richtig hochkochte, war es also kaum verwunderlich, dass auch Esben And The Witch mit ihrer Vorliebe für derlei naturalisitsches Grauen von dieser Welle erfasst und beinahe verheizt wurden, als ihr Debüt mit allzu planlos angelegten Klangflächen die hohen Erwartungen einfach nicht erfüllen konnte.

Doch die folgenden Projekte merzten die Schwächen von „Violet Cries“ Stück für Stück aus: Der Nachfolger „Wash The Sins Not Only The Face“ stellte die unterschiedlichen Einflüsse wie Shoegaze, Postrock und Dream Pop ordentlicher nebeneinander und formte brauchbare Songs daraus, während das 2014 unter der Ägide Steve Albinis aufgenommene „A New Nature“ die Band herunterhungerte und unter all den Schichten aus Hall und Effekten eine neue Räudigkeit und Klarheit freilegte, von der nun auch „Older Terrors“ profitiert.

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Mit knackigen Songs wie „Dig Your Fingers In“ ist es dieses Mal jedoch auch nicht weit her, alle Stücke schleifen sich über die Zehn-Minuten-Marke, ohne sich dabei in Beliebigkeiten zu ergehen. Im Gegenteil, die Konzentration auf lediglich vier Songs scheint dem Trio geholfen zu haben, sich noch stärker auf bestimmte Sounds und Elemente zu fokussieren, wie die „Marching Song“ Gedächtnis-Drums, die sowohl im Opener „Sylvan“ als auch im abschließenden „The Reverist“ erklingen. Gerade in ersterem Fall suggerieren sie im eigentlich ruhigen, folkigen Anfang eine Bedrohung, die dann in Form verzerrter Gitarren tatsächlich über die Musik hereinbricht.

Dieses an einen Überfall erinnernde Kompositionsprinzip wiederholt sich im Laufe von „Older Terrors“ und steht im krassen Gegensatz zur ruhigen Szenerie, die das Artwork abbildet; dennoch verrät eben jenes Elementares über den Charakter des Albums. Wo „A New Nature“ noch Wert auf den Menschen legte, der am Anfang des Weges stand und auf den Wald blickte, da sehen wir dieses Mal den Wald als solchen, in seiner finsteren Dichte ebenso wie der Kargheit einer Lichtung. Ähnlich funktioniert auch das Album, auf dem Rachel Davies dieses Mal direkter noch von der Natur zu berichten scheint, den Mensch als vermittelnde Person nicht mehr benötigt.

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Trotz aller Post-Rock-Versonnenheit bereiten die Stücke ihr Thema unterschiedlich auf. Während andere Songs den Hörer auch mal in trügerischer Ruhe wiegen, da lebt „The Wolf’s Sun“ von der permanenten Anspannung, die durch das Stück zuckt, selbst wenn sich die einzelnen Instrumente gerade deutlich zurücknehmen. Viel atmosphärischer wirkt hingegen „Making The Heart Of A Serpent“, der mit Davies ambitionierter Gesangsleistuns zwischen Furor und sanfter Textur changiert. Doch selbst während scheinbar opulenter Passagen begehen Esben And The Witch nicht erneut den Fehler, unbedingt ein paar Schichten draufzupacken, nur um zwischen ihnen verloren zu gehen.

Dementsprechend gelingt es ihnen auch, das Finale „The Reverist“ auf einen klaren, destruktiven Höhepunkt mitsamt anschließender Kontemplation zusteuern zu lassen, ohne dabei prätentiös zu wirken. Im Gegenteil, ihre eigenwillige Interpretation von Versatzstücken aus Dream Pop, Post Rock, Folk und all den anderen Gitarrengenres klingt hier bei aller Größe endlich so schlüssig, wie es die Band wohl bereits im Rahmen ihres Debüts geplant hatte.

8,1/10

„Older Terrors“ erscheint am 04.11. via Season Of Mist auf Platte, CD und digital.

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Sebastian
Sebastian
Aus Saarbrücken, in Münster, immer auf Testspiel, manchmal auch hier: http://mordopolus.tumblr.com/

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