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Alben der Woche: Shabazz Palaces – Quazarz: Born On A Gangster Star/Quazarz Vs. The Jealous Machines (Kritik)

„I’m from the United States of Amurderca myself/Now we post-language baby, we talk with guns, man“. So weit draußen sich Shabazz Palaces auch mit ihren aktuellen Alben bewegen: Sie lassen wenig Zweifel am Ziel ihrer Musik, jener Nation nämlich, die in diesem Jahr bereits als „United Staates Of Horror“ und als „Amerikkka“ bezeichnet wurde. Die aktuelle Lage der USA führt zu einer flächendeckenden (Re-)Politisierung der Hip-Hop-Szene, der sich auch das Duo aus Seattle trotz seines Außenseiterstatus nicht entziehen möchte; nur die Konditionen dieser politischen Äußerung, die bestimmen Ishmael Butler und Tendai Maraire ihrem Ethos treu bleibend selbst.

Entgegen kommt ihnen dabei, dass sie jeglichen Status Quo ohnehin seit ihrem Debüt herzlich gerne ins Visier nehmen, ihn klanglich wie textlich hinterfragen und am Ende ein eigenwilliges Gegenkonzept vorlegen. Nach dem samtig-verqueren „Black Up“ und dem explodiert wirkenden „Lese Majesty“ schien unklar, ob dieser Weg Shabazz Palaces nicht in die vollständige Unverständlichkeit führen müsste; ihr aktueller Ansatz findet jedoch glücklicherweise einen gangbaren Kompromiss zwischen Wahn und Nachvollziehbarkeit. Die wirre Geschichte um den Außerirdischen Quazarz haben sie schlicht auf zwei Platten verteilt, was die Musik greifbarer wirken lässt, zwangsweise jedoch die Frage danach stellt, ob es tatsächlich beide Seiten getrennt voneinander gebraucht hätte.

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Einen ersten Vorschlag zur Beantwortung dieser Frage liefert der Blick auf die Entstehungsgeschichten: Während „Quazarz Vs. The Jealous Machines“ in mehrmonatigen Sessions mühevoll zusammengestellt wurde, ist „Quazarz: Born On A Gangster Star“ das Ergebnis zweiwöchiger, intensiver, intuitiver Arbeit, und so kritisch derartige Produktionsanekdoten grundsätzlich behandelt werden müssen, so deutlich machen sie hier doch die Unterschiede zwischen verwandten, aber in entscheidenden Punkten verschiedenen Ansätzen. „Born On A Gangster Star“ hat zwar mit dem Sample-lastigen, knappen „Shine A Light“ den stärksten Pop-Moment an Bord, ist in seiner Gesamtheit jedoch fahriger, präsentiert sehr unterschiedliche Klangentwürfe und setzt diese klar vor Butlers Beobachtungen, die ja ebenfalls immer zentraler Punkt der eigenen Ästhetik waren.

Mehrmals ordnen sich die Stimmen hier folglich der Musik unter, verhallen entweder im Untergrund („Eel Dreams“) oder lösen sich in ihr auf, wie im wunderbaren Vocoder-Alptraum „Dèesse Du Sang„. Nicht nur an dieser Stelle wird klar, dass Shabazz Palaces ihre ohnehin diffuse Referenzliste anscheinend um Krautrock erweitert haben. Vor allem „Born On A Gangster Star“ experimentiert ausführlich mit Synthesizern und wagt es, gleich zwei Mal Kraftwerk zu zitieren: Indirekt mit dem Sound des holprigen „That’s How City Life Goes“ und ganz direkt mit dem „Das Modell“ Gedächtnisrefrain in „Moon Whip Quäz“. Dieser Verweise deuten nicht nur auf die Wurzeln des eigenen Genres, sie reichern durch klangliche Assoziationen auch jene Sci-Fi-Rahmenhandlung an, die vor allem auf „Quazar Vs. The Jealous Machines“ textlich ausgestaltet wird.

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Dass die angedeutete Story, die sich selbst mit Blick auf das Textblatt nur schwer im Detail rekapitulieren lässt, eher eine bestimmte Perspektive auf die Gegenwart erlaubt als tatsächlich Rap-Prog-Oper sein möchte, macht bereits der Opener „Welcome To Quazarz“ klar, aus dem eingangs zitierte Zeilen stammen. Butler greift dabei nicht nur institutionalisierten Rassismus auf, sondern widmet sich ebenso den Grauen des Postkapitalismus wie den Herausforderungen, vor die das digitale Zeitalter uns als Individuen stellt. Passend zu dieser inhaltlichen Fokussierung funtkioniert die Platte als Ganzes strukturierter, lässt zwar auch Raum für Obskuritäten wie das desolate „The SS Quintessence“, blickt jedoch eher auf Statements als den Weg zu ihnen.

Derartige Nuancen sind keine klaren Trenner zwischen zwei Platten, denen man die gemeinsamen Köpfe dahinter deutlich anmerkt; die Aufteilung sorgt jedoch dafür, dass die Ideen profilierter erscheinen als auf dem spannenden, aber auf Dauer ungemein anstrengenden und teils beliebig wirkenden Vorgänger. Das Quazarz-Doppel ist keine Rückkehr zum Sound des Debüts, aber ein Versuch, das Feld weiter zu erkunden und dabei eine Trennung zwischen Text und Klang zu provozieren, ohne den Hörer unterwegs zwischen einer der beiden Parteien zu verlieren.

„Quazarz: Born On A Gangster Star“ und „Quazarz Vs. The Jealous Machines“ sind am 14.07. via Sub Pop auf Vinyl, CD und digital erschienen.

Sebastian
Sebastian
Aus Saarbrücken, in Münster, immer auf Testspiel, manchmal auch hier: http://mordopolus.tumblr.com/

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