StartKritikenZugezogen Maskulin - Alles brennt (Kritik)

Zugezogen Maskulin – Alles brennt (Kritik)

Zugezogen Maskulin sind Hip Hop. Das sagt schon der Name, eine Anspielung auf die legendäre Doppelung Kool Savas und Taktloss, die unter dem Namen Westberlin Maskulin firmierte. Bei Zugezogen Maskulin gibt es zwar linke Inhalte, aber keine Gitarren oder ähnlichen Crossover-Käse. Hier regieren dicke Bässe und drückende Beats, ihre Klangästhetik borgen sich Zugezogen Maskulin bei Trap, lassen die Hi-Hat zuschnappen und drücken dich gegen die Wand. Viel wichtiger ist jedoch: Zugezogen Maskulin ist die Rapcrew, die den Nagel endlich mal auf den Kopf trifft. Eben weil sie weder Plattitüden klopft, noch technisch limitiert ist, weil sie weder billige Beats bedient, noch Haltung vermissen lässt. Reden wir nun mal nicht lange um den heißen Brei rum: Alles brennt ist ein verdammt starkes Hip Hop Album geworden, bei dem einfach das Gesamtpaket stimmt. Wäre es 2014 veröffentlicht worden, es hätte letzten Endes all seine Konkurrenten trotz guter Alben in die Tasche gesteckt, von Hafti über die Antilopen Gang und Sookee bis hin zu Marteria.

Der Sound ist absolut kompromisslos. Statt sich mit halbgaren Popambitionen zu verzetteln bleiben Zugezogen Maskulin rein musikalisch Hip-Hop-Strukturen treu und schaffen aus Kernkompetenzen ein schlüssiges Gesamtwerk. Das Ganze garnieren Testo und Grim 104 mit Texten, die unter anderem auch an die ständige Referenz K.I.Z. gemahnen. Wo die Original-Berliner in letzter Zeit immer häufiger zur absoluten Grenzüberschreitung neigen, haben die Zugezogenen das Ziel immer klar vor Augen. Wenn in Agenturensohn der Bauch eines Obdachlosen platzt, dann will das nicht Selbstzweck sein, sondern auf etwas hinweisen. Die Schauplätze sind durchweg düster, egal ob die Protagonisten nun auf Ayahuasca durch ein Casper-Zitat fliegen oder in 90/00er Kiffer-Romantik schwelgen. Oranienplatz zeigt vielleicht auch dir, wie eng es mit deiner Toleranz wird, wenn du nicht gerade auf das Feindbild Pegida eindrischst, sondern in deinem Alltag mit der Flüchtlingsthematik konfrontiert wirst.

Absurdität, Politik, Derbes und Spaßiges verpacken Grim und Testo in ihre Darbietungen, die sich nicht in Technik und Wortspiel erschöpfen und stattdessen mit Bildgewalt und Intensität aufwarten. Nichts liegt den beiden ferner als sich zu limitieren, und dennoch gelingt ihnen ein rundes, schlüssiges, forderndes Album. Daran muss sich deutscher Hip Hop 2015 messen lassen.

Alles brennt ist nicht nur ein exquisites Album geworden, sondern seit dem 13. Februar auch im Handel erhältlich. Wer sich vor dem Gang in den Plattenladen von der Qualität des Werkes überzeugen möchte, der darf das wie immer gerne bei Spotify erledigen.

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Sebastian
Sebastian
Aus Saarbrücken, in Münster, immer auf Testspiel, manchmal auch hier: http://mordopolus.tumblr.com/

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