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Album der Woche: Queens Of The Stone Age – Villains (Kritik)

Recht froh war ich zu sehen, dass Marc im Zuge seines Rundumschlags gegen irrelevante Rockbands, deren neue Alben niemand braucht kurz vor den Queens Of The Stone Age Halt machte – ansonsten hätte sich die Begründung der Wahl von „Villains“ zum Album der Woche unnötig schwierig gestaltet, gerade weil das Quintett darauf nicht maßgeblich daran arbeitet, seinen drohenden Rockdinosaurierstatus abzuschütteln. Nicht umsonst standen ich und ein angenehmer Bekannter im Dezember 2013 schulterzuckend-ratlos auf einem Weihnachtsmarkt und einigten uns darauf, dass „… Like Clockwork“, die unverhoffte Rückkehr der Queens, zwar nicht das spannendste, wohl aber das beste Album des kurz vor der Vollendung stehenden Jahres zu sein schien.

Ein ehrbarer Verdienst also, aber eben auch eine Position, von der aus sich Bands gerne in den von Marc skizzierten Status verabschieden. Verschärft wurde die Situation noch durch das Bedienen des alten Tricks alternder Rockstars, sich auf der Suche nach einem letzten bisschen Innovation einen nicht mehr ganz so angesagten Produzenten zu schnappen und sich von ihm auf Biegen und Brechen in einen als neu angepriesenen, tatsächlich jedoch ranzig riechenden Sound pressen zu lassen. Auf „Villains“ gibt Mark Ronson diesen Part, ein Typ, dessen Produktion man nicht wegen eines gewissen Pop-Appeals, sondern wegen einer Neigung zur Profillosigkeit mit Vorsicht genießen sollte. „The Way You Used To Do“ konnte da als erste Single nur halb entwarnen, war zwar schön fetzig, aber irgendwie auch ein bisschen flach.

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Mit Blick auf die gesamte Platte lassen sich tatsächlich Parallelen zu „My God Is The Sun“, der Lead-Single des Vorgängers, ziehen: Beides ordentliche Genre-Arbeiten, die jedoch nicht so sehr als einzelne Hits taugen, sondern vielmehr im Verbund mit anderen Stücken und auf Distanz betrachtet ihre Wirkung entfalten. „Villains“ funktioniert in seiner Gesamtheit über derartige Schleifenbewegungen, erschließt sich in Teilen fast ein wenig zu schnell, während andere Momente sich unerklärlich lange dem Ohr des Zuhörers verschließen, um dann mit doppelter Wucht zuzuschlagen.

Bei den ersten Durchgängen bleiben einige Details auch auf der Strecke, weil die Queens weiterhin eine Vorliebe für Stücke jenseits der Fünf-Minuten-Marke pflegen. Generell ist die aktuelle Platte nicht das hittige Tanzalbum geworden, von dem vorab gesprochen wurde, stattdessen knüpft die Band beinahe spielerisch an den Vorgänger an und variiert ihn an entscheidenden Stellen. „Feet Don’t Fail Me“ eröffnet etwa ähnlich wie „Keep Your Eyes Peeled“ vor vier Jahren mit diffusem Getöse; statt einem staubtrockenen, schwerfälligen Stonerriff schält sich dieses Mal jedoch ein hibbeliger Groove heraus, der Synthesizer und Funk mit klassischem Wüstenrock zusammenbringt.

Auch der getragene, an den Albumtitel angelehnte Closer „Villains Of Circumstance“ erinnert an den Vorgänger, ist jedoch weniger angetrunkene Piano-Ballade als gespenstischer Weltuntergangsblues. Ronsons Einfluss ist hier phasenweise spürbar, ebenso wie in dem etwas kompakteren Klangbild und vereinzelt eingeschobenen Synthie/Streicher-Spielereien, vor allem zeigen sich die Queens hier jedoch zum ersten Mal seit Ewigkeiten als eingeschworene Gemeinschaft, die mit stabilem Lineup einen zuletzt gefundenen Sound auf die Spitze treibt, persifliert und herausfordert.

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Programmatisch lockend gibt sich Josh Homme auf dem verschrobenen „The Evil Has Landed“, einem irgendwo zwischen Pseudo-Prog und Stoner-Hit steckengebliebenen Schelmenstück, in dem der Frontmann so lange „Come close“ singt, bis die Falle zuschnappt und der Hörer sich unvermittelt in einer Eagles Of Death Metal artigen Abfahrt wiederfindet. Derartige Haken schlagen etliche Stücke, gestützt gerne von jener verqueren Gitarrenarbeit, die die Band schon immer von ihren bräsigen Kollegen abgrenzte. „Head Like A Haunted House“ brilliert in dieser Kategorie als Glam-infizierter Retrorocker mit einem manisch-tänzelnden Homme, während „Domesticated Animals“ gar an eine gemäßigte Version der alten Gehirnverrenkung „Leg Of Lamb“ erinnert.

Gegen Ende säuft das Stück dann aber doch noch in einem Meer aus Streichern ab, bevor „Fortress“ rödelige Gitarren und Moog-Synthesizer gegeneinander ausspielt. Es sind diese Kleinigkeiten, die „Villains“ ein eigenes Profil verleihen und neben Them Crooked Vultures, die auf der letzten Platte bereits als Einfluss herhalten mussten, nun auch Hommes Arbeit mit Iggy Pop im vergangenen Jahr zitieren. Tatsächlich ergibt die Besetzung Ronsons so viel mehr Sinn: Es ging nicht darum, sich einen gewissen Sound überstülpen zu lassen, sondern sich einen fest anvisierten Sound von einem ausgewiesenen Experten auf den Leib schneidern zu lassen, ohne dabei Biss einzubüßen.

Auch das Cover bot in dieser Hinsicht zwei Lesarten an: Einmal Homme als hängengebliebener Lederjackentyp, gelenkt von Teufel Pop auf seinem Rücken, oder eben Homme mit Schalk im Nacken, zudem anspielend auf den Vorgänger, dessen Artwork eine weinende Frau in den Fängen eines maskierten Vampyrs zeigte. Eben in dieser Doppeldeutigkeit liegt bereits der Schlüssel zu Antwort Nummer zwei: „Villains“ ist nicht mehr der trotzige Triumph eines Zurückgekehrten über seine Dämonen, sondern selbst sinistres Spiel mit dem Bösen, dem Schiefen, dem Eigenplagiat, dem Ranzigen. Damit bleiben die Queens vorerst die „wahrscheinlich letzte in allen Gesellschaftskreisen akzeptierte Hardrock-Truppe“, wie es Daniel Gerhardt im vergangenen Jahr treffend in der Spex formulierte – ausgestattet zusätzlich mit der Hoffnung, dass diese Band nach wie vor Bock hat, mehr zu liefern als ihre pflichtbewussten Kollegen.

„Villains“ erscheint am 25.08. via Matador auf Vinyl, CD und digital.

„Villains“ Albumstream

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Sebastian
Sebastian
Aus Saarbrücken, in Münster, immer auf Testspiel, manchmal auch hier: http://mordopolus.tumblr.com/

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